Rz. 91
Entsprechend Nr. 1000 VV RVG entsteht die Gebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags,
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Nr. 1: durch den der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird oder |
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Nr. 2: durch den die Erfüllung des Anspruchs geregelt wird bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf seine gerichtliche Geltendmachung oder, wenn bereits ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Titel vorliegt, bei gleichzeitigem vorläufigem Verzicht auf Vollstreckungsmaßnahmen (Zahlungsvereinbarung). |
Rz. 92
Dabei ist zu beachten dass nach Anm. Abs. 1 zu Nr. 1000 VV RVG die Einigungsgebühr nach Nr. 1 ausdrücklich dann nicht entsteht, wenn der Hauptanspruch anerkannt oder wenn auf ihn verzichtet wird. In diesen Fällen kommt nur eine reduzierte Einigungsgebühr nach Nr. 2 in Betracht. Bloße Erfüllungshandlungen lösen keine Einigungsgebühr aus. Dasselbe gilt, wenn nach Einwendungen der Gegenseite auf die weitere Geltendmachung des Anspruchs ohne weitere Bedingungen verzichtet wird.
Rz. 93
Bei einem unter einer aufschiebenden Bedingung oder unter dem Vorbehalt des Widerrufs geschlossenen Vertrag entsteht die Gebühr erst dann, wenn die Bedingung eingetreten ist oder der Vertrag nicht mehr widerrufen werden kann, Anm. Abs. 3 zu Nr. 1000 VV RVG.
1. Voraussetzungen
a) Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis
Rz. 94
Durch den Vertrag muss Streit oder Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis beseitigt werden. Handelt es sich um originäre Vertragsverhandlungen, die auf das Aushandeln eines Vertrages gerichtet sind, mit dem kein bestehendes Vertragsverhältnis geregelt, sondern ein Rechtsverhältnis erst eingegangen werden soll, fällt keine Einigungsgebühr an. Dies gilt auch dann, wenn sich die Beteiligten bei ihren Forderungen entgegenkommen. Für den Abschluss eines Kauf-, Arbeits-, Ehe- oder Mietvertrages kann daher in der Regel keine Einigungsgebühr geltend gemacht werden, es sei denn, damit wird eine auf ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis bezogene Unsicherheit beseitigt, weil sich eine der Parteien zuvor eines Anspruchs berühmt hat.
b) Zahlungsvereinbarung
Rz. 95
Die Variante der Zahlungsvereinbarung wurde durch das 2. KostRMoG 2013 neu eingeführt und 2021 angepasst.
Es kommt in der Praxis häufiger vor, dass eine Forderung oder ein geltend gemachter Anspruch vollkommen unstreitig ist, jedoch Unsicherheiten in Bezug auf die Durchsetzung bestehen oder sich die Parteien über Zahlungsmodalitäten einigen. Auch hier bedeutet dies für den Anwalt in aller Regel eine Mehrbelastung sowie eine erhöhte Verantwortung. Nach dem Übergang von der Vergleichsgebühr in der BRAGO zur Einigungsgebühr im RVG war in Rechtsprechung und Literatur nicht unumstritten, ob mangels Streit über das Rechtsverhältnis insbesondere bei titulierten Forderungen eine Einigungsgebühr anfallen kann. Der Gesetzgeber war allerdings davon ausgegangen, dass die Einigungsgebühr auch für die Mitwirkung bei einer Ratenzahlungsvereinbarung anfällt. Mit der Neufassung wurde die Frage geklärt, der Gebührensatz später aber herabgesetzt.
c) Form und Inhalt
Rz. 96
Im Gegensatz zur Vorgängervorschrift in der BRAGO setzt die Einigungsgebühr nicht mehr den Abschluss eines Vergleichs i.S.d. § 779 BGB voraus. Der Vertrag ist demnach nicht formbedürftig und kann daher grundsätzlich auch stillschweigend geschlossen werden. Eine Ausnahme besteht allerdings, wenn aufgrund materieller Vorschriften eine bestimmte Form erforderlich ist.
Rz. 97
Bei Rechtsverhältnissen des öffentlichen Rechts kann die Einigungsgebühr nach Anm. Abs. 4 zu Nr. 1000 VV RVG nur anfallen, soweit über die Ansprüche vertraglich verfügt werden kann.
Rz. 98
Während die frühere Vergleichsgebühr zudem ein gegenseitiges Nachgeben vorausgesetzt hatte, soll die Einigungsgebühr jegliche vertragliche Beilegung eines Streits der Parteien honorieren. Ein gewisses Mindestmaß an Entgegenkommen wird zur Abgrenzung vom bloßen Anerkenntnis oder Verzicht in der Praxis allerdings weiterhin gefordert. Die Einigungsgebühr entsteht daher auch bei einem Teilanerkenntnis und Teilrücknahme der Klage, wenn dem eine Einigung der Parteien zugrunde liegt und es sich nicht um reine Prozesserklärungen handelt. Eine bloße Abrechnung, die von der anderen Partei akzeptiert wird, genügt mangels Vertragsschluss jedoch nicht.
Rz. 99
Die Einigung muss sich dabei nicht auf den gesamten Streitgegenstand beziehen, es genügt auch eine Teileinigung. Voraussetzung ist daher auch nicht, dass durch die Einigung der Parteien eine konkrete Entlastung des Gerichts eintritt.