Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 11
Der Ausschluss der ordentlichen Kündigung (sog. Unkündbarkeit) kann im Arbeitsvertrag oder in einem Tarifvertrag vereinbart sein. Die außerordentliche Kündigung wird dadurch nicht ausgeschlossen.
Rz. 12
Eine außerordentliche Kündigung aus betriebsbedingten Kündigungsgründen ist ausnahmsweise gerechtfertigt, wenn der Ausschluss der ordentlichen Kündigung zu einer unzumutbaren Belastung des Arbeitgebers führt, wenn eine Beschäftigung nicht möglich, der Arbeitgeber aber für eine lange Zeit zur Zahlung verpflichtet ist. In einem solchen Fall ist eine der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechende Auslauffrist einzuhalten. Ähnliches gelte für eine krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist.
In Bezug auf verhaltensbedingte Kündigungsgründe ist eine Entscheidung des BAG aus dem Jahr 2015 von besonderem Interesse. Nach Ansicht des BAG ist ein wichtiger Grund i.S.d. § 626 Abs. 1 BGB zu bejahen, wenn es dem Arbeitgeber nach den Umständen des Einzelfalls unzumutbar ist, den Arbeitnehmer bis zum Ablauf einer fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen. In einem solchen Fall ist schließlich die außerordentliche Kündigung auch ohne Ausschluss der ordentlichen Kündigung gerechtfertigt.
Das BAG führt aus, dass grundsätzlich ein pflichtwidriges Verhalten des Arbeitnehmers, welches bei fehlendem Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit nur einen wichtigen Grund für eine solche darstellen würde, im Fall der Unkündbarkeit infolge der langen Bindungsdauer auch einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung darstellen kann. In einem solchen Fall ist aber die fiktive ordentliche Kündigungsfrist im Sinne einer entsprechenden Auslauffrist zu beachten, damit es nicht zu Wertungswidersprüchen kommt.
Letztlich schränkt das BAG diese Möglichkeit allerdings ein, indem in der Regel ein pflichtwidriges Verhalten, welches ohne Ausschluss einer ordentlichen Kündigung nur eine solche rechtfertigen würde, regelmäßig bei bestehender Unkündbarkeit nicht die außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen vermag, da es Sinn und Zweck des Sonderkündigungsschutzes sei, dass sich der Arbeitgeber nicht von der gesteigerten Vertragsbindung lösen kann.
In Bezug auf verhaltensbedingte Kündigungsgründe sei eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist nur bei gravierender Pflichtverletzung, die grundsätzlich auch eine fristlose Kündigung rechtfertigen könnte und, wenn aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls dem Arbeitgeber die Einhaltung der Auslauffrist zuzumuten ist, denkbar. Dies sei bei einer Widerholungsgefahr vorstellbar, die nicht bis zum Ablauf der fiktiven ordentlichen Kündigungsfrist, wohl aber darüber hinaus bestehe.