Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 57
In Rechtsprechung und Literatur finden sich zahlreiche Beispiele der außerordentlichen Kündigung durch den Arbeitgeber. Eine außerordentliche Kündigung kann beispielsweise in Betracht kommen bei Alkoholmissbrauch; dem mindestens grob fahrlässigen Verstoß eines Berufskraftfahrers gegen ein absolutes Alkoholverbot bei Gefahrguttransporten; ausländerfeindlichen Äußerungen; groben Beleidigungen von Vorgesetzten oder des Arbeitgebers; besonders gravierenden Störungen des Betriebsfriedens; Tätlichkeiten unter Arbeitnehmern; einer Gewaltandrohung, die nicht lediglich eine "leere" Drohung darstellt; wiederholt unentschuldigtem Fehlen des Arbeitnehmers für die Dauer eines ganzen Arbeitstags ohne ausreichende Information des Arbeitgebers nach einschlägiger Abmahnung; Drohung mit einer Krankschreibung; Haft; Selbstbeurlaubung; Annahme von Schmiergeldern, nicht jedoch bei Entgegennahme branchenüblicher Gelegenheitsgeschenke oder Trinkgelder, soweit es sich um geringwertige Aufmerksamkeiten handelt; sittlichen Verfehlungen; Straftaten wie Diebstahl; Unfallflucht auf Dienstfahrt; Missbrauch von Kontrolleinrichtungen; Nutzung des Internets während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken in erheblichem zeitlichen Umfang ("ausschweifend"); bei Lesen von einer offensichtlich an eine andere Person gerichteten E-Mail und Weitergabe des E-Mail-Anhangs (privater Chatverlauf) an Dritte; Strafanzeigen gegen den Arbeitgeber, wenn der Arbeitnehmer wissentlich oder leichtfertig falsche Angaben gemacht hat oder sich eine erhebliche Verletzung arbeitsvertraglicher Nebenpflichten aus anderen Umständen ergibt; Spesenbetrug; zulasten des Arbeitgebers begangenem versuchtem Prozessbetrug; rechtswidrige und vorsätzliche Handlungen gegen das Vermögen des Arbeitgebers, auch bei Sachen von geringem Wert; wegen der Verharmlosung des Holocaust eines ranghohen Vertriebsmitarbeiters bei dienstlichen Veranstaltungen mit potenziellen Kunden; unzulässiger Konkurrenztätigkeit wie z.B. Abwerbung von Mitarbeitern für ein beabsichtigtes eigenes Unternehmen; Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Ankündigung nicht bestehenden Erkrankung für den Fall, dass der Arbeitgeber einem unberechtigten Verlangen auf Gewährung von Urlaub nicht entsprechen sollte; Verlust der Fahrerlaubnis bei einem Berufskraftfahrer; Die Entwendung von Dieselkraftstoff aus einem Lkw des Arbeitgebers in einer Vielzahl von Fällen für private Zwecke; eigenmächtigem Urlaubsantritt; sexuellen Handlungen eines Kirchenmusikers, dessen Tätigkeit im direkten Zusammenhang mit dem Verkündigungsauftrag der Kirche steht. Wiederholte Unpünktlichkeiten eines Arbeitnehmers sind dann an sich geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, wenn sie den Grad und die Auswirkung einer beharrlichen Verweigerung der Arbeitspflicht erreicht haben.
Rz. 58
Eine fristlose Kündigung kommt nicht in Betracht, wenn der Arbeitnehmer gemeinsam mit dem Geschäftsführer einer GmbH Reisekostenabrechnungen fälscht. Eine außerordentliche Kündigung durch den Arbeitgeber wurde auch abgelehnt bei: unverschuldeten krankheitsbedingten Fehlzeiten; der der softpornografischen Abbildung einer Arbeitnehmerin; der Teilnahme an einem rechtmäßigen Streik.
Rz. 59
Praxishinweis
Wir empfehlen, das Arbeitsverhältnis nicht nur außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund zu kündigen, sondern vorsorglich auch immer ordentlich zum nächstmöglichen Zeitpunkt.