Dr. Stephan Pauly, Michael Pauly
Rz. 107
Der Betriebsrat ist nach § 102 Abs. 1 S. 1 BetrVG vor der Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung nach § 102 Abs. 1 S. 2 BetrVG mitzuteilen. Der Arbeitgeber muss den Betriebsrat weder über einen tariflichen Sonderkündigungsschutz des betroffenen Arbeitnehmers aufklären, der die Möglichkeit einer fristlosen Kündigung ausdrücklich "unberührt" lässt, noch darüber unterrichten, warum er davon ausgeht, die Kündigungserklärungsfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei gewahrt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, muss er nach § 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG diese dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitteilen. Der Betriebsrat soll nach § 102 Abs. 2 S. 3 BetrVG, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören.
Rz. 108
Vor Ausspruch der Kündigung kann der Arbeitgeber seine Informationen gegenüber dem Betriebs- oder Personalrat jederzeit ergänzen. Die Beurteilung, ob aufgrund der nachträglichen Unterrichtung die Äußerungsfrist neu anläuft, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Dabei ist auch auf den Gegenstand der nachgereichten Informationen Bedacht zu nehmen. Die Frist zur Stellungnahme für den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung beginnt regelmäßig nicht erneut, wenn der Arbeitgeber dem Betriebsrat ergänzende Informationen im Rahmen einer bereits in Gang gesetzten Anhörung, die über das Notwendige einer ordnungsgemäßen Information hinausgehen, zukommen lässt.
Rz. 109
Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrates, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrates, des Wahlvorstandes sowie von Wahlbewerbern ist nach § 15 KSchG zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen.
Rz. 110
Sie bedarf nach § 103 Abs. 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann nach § 103 Abs. 2 BetrVG das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. Der betroffene Arbeitnehmer ist im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Beteiligter. Um die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB zu wahren, muss der Arbeitgeber innerhalb von zwei Wochen nach Kenntnis der für die Kündigung maßgeblichen Tatsachen das Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht einleiten. Erst mit dem rechtmäßigen Abschluss des Zustimmungsersetzungsverfahrens kann wirksam gekündigt werden. Hat das Arbeitsgericht die Zustimmung des Betriebsrats rechtskräftig ersetzt, beginnt die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht erneut zu laufen. Der Arbeitgeber muss die Kündigung unverzüglich aussprechen.