Rz. 58
Folgende Besonderheiten sind bei dem Ersatz eine Schadensersatzanspruchs nach belgischem Schadensersatzrecht bei einem Verkehrsunfall zu beachten:
1) Gefährdungs- und Verschuldenshaftung
Grundsätzlich gilt, dass Schadensersatz gem. Art. 1382 ff. des ZGB nur bei einem Verschulden zu leisten ist, wobei bei einem technischen Defekt ein widerlegbares Verschulden vermutet wird. Zu Gunsten von Fußgängern und Radfahrern, aber auch Beifahrern im Kfz besteht bei Personenschäden eine verschuldensunabhängige Gefährdungshaftung nach Art. 29a Kfz-Haftpflichtversicherungsgesetz.
2) Polizeiliche Unfallaufnahme i.d.R. ohne Beweiswert
I.d.R. wird bei einem Unfall mit einem Sachschaden keine Polizei hinzugezogen. Üblich ist dann vielmehr das Ausfüllen des europäischen Unfallberichts, dem bei einer gemeinsamen Unterschrift ein erheblicher Beweiswert zukommt und der nur unter erheblichen Schwierigkeiten revidiert werden kann.
3) Fahrzeugschaden
Der Geschädigte kann frei über den Reparaturbetrag verfügen. Eine MwSt. wird i.d.R. unabhängig davon erstattet, ob sie tatsächlich angefallen ist.
Bei kleineren Schäden akzeptieren die belgischen Versicherungen oftmals einen Kostenvoranschlag, außer das Fahrzeug befindet sich noch in Belgien.
Dies gilt auch bei einem wirtschaftlichen Totalschaden. Liegt der Wiederbeschaffungsaufwand unterhalb der Reparaturkosten wird nur dieser erstattet. Die in Deutschland bekannte 130 %-Grenze gibt es nicht und eine Abrechnung auf Neuwagenbasis ist ebenso unbekannt. Liegen die Reparaturkosten im Ausland höher, kann die Verletzung einer Schadensminderungspflicht in Betracht kommen. Ein merkantiler Minderwert kommt bei einem erheblichen Fahrzeugschaden in Betracht – i.d.R. aber nur bis zu einem Fahrzeugalter von einem Jahr und einer Laufleistung von 15.000 km in Betracht. Es gilt dann ein Richtwert von 10% des Werts des beschädigten Kfz.
4) Gutachterkosten, Nutzungsausfall, Mietwagenkosten, Unkostenpauschale
Nach ständiger Rechtsprechung sind die Kosten für ein Sachverständigengutachten zu erstatten. Die außergerichtliche Praxis bietet teilweise noch ein anderes Bild: Die Kosten für ein Gutachten werden danach außergerichtlich i.d.R. ersetzt, wenn dies im Auftrag der Versicherung eingeholt worden ist. Die Kosten eines Privatgutachtens werden dagegen nur ersetzt, wenn die gegnerische Versicherung nach obigen Grundsätzen nicht auf die Aufforderung zur Begutachtung reagiert.
Mietwagenkosten werden unproblematisch erstattet, wenn das Fahrzeug unbedingt benötigt wird (Berufsausübung, Urlaub etc.). Teilweise werden Mietwagenkosten auch ohne diese verschärften Bedingungen zugesprochen. Im Totalschadensfall liegt die Grenze für die Dauer i.d.R. bei 15 Tagen. Ersparte Eigenaufwendungen werden i.d.R. in Höhe von 10–15 % abgezogen. In der Rechtsprechung liegt die Höhe der Erstattung zwischen 62 und 125 EUR. Ein Nutzungsausfallschaden wird im Wesentlichen pauschal sowohl für gewerbliche wie auch für private Geschädigte zugesprochen. Das belgische Recht unterscheidet hierbei zwischen der sog. "Wartezeit" und der "Ersatzbeschaffungszeit". Unabhängig vom konkret betroffenen Kfz gilt i.d.R. ein Satz von 20–25 EUR.
Eine Unkostenpauschale wird i.d.R. gewährt und liegt meist mit 100 EUR höher als in Deutschland. Abschlepp- und Unterstellkosten sind ebenso ersatzfähig, wenn sie nachgewiesen werden.
5) Schmerzensgeld
Bei einer Körperverletzung kann ggf. auch ein Schmerzensgeld verlangt werden, welches den sog. moralischen und den ästhetischen Schaden erfasst. Ein vorgeschriebenes Tabellenwerk zum Schmerzensgeld gibt es allerdings nicht, so dass es bei gleichen Verletzungen zu unterschiedlichen Beträgen kommen kann. Die belgische Richterschaft bemüht sich, diesem Umstand durch Schaffung der sog. eigenen "Tabelle" entgegenzuwirken. Diese hat aber nur Empfehlungscharakter.
Bei dem moralischen Schaden wird hiernach z.B. pro Tag eines Krankenhausaufenthaltes ein Betrag in Höhe von 31 EUR erstattet. Bei außergewöhnlichen Schmerzen hat sich eine Abstufung in sieben Schweregraden herausgebildet, bei der pro Tag und Schweregrad rund 2,50 EUR zugesprochen werden.
Bei einem Dauerschaden ergeben sich Werte, die je nach Prozentsatz der Invalidität und Alter einen Betrag von 275 EUR (> 85 Jahre) bis 2.200 EUR (< 15 Jahre) vorsehen. Ein ästhetischer Schaden wird auch nach sieben Schweregraden beurteilt und je nach Schweregrad werden Beträge von 115 EUR bis zu 62.000 EUR zugesprochen. Für entgangene Lebensfreude werden ggf. zusätzliche Beträge zugesprochen.
Angehörigen kann im Todesfall ein Hinterbliebenenschmerzensgeld zustehen. Je nach Verwandtschaftsgrad liegen die Beträge zwischen 2.500 und 10.000 EUR. Für das Miterleben der Leiden des Unfallopfers wird ein Aufschlag als besonderer "Zuneigungsschaden" bedacht.
Nicht mehr unter den Begriff "Schmerzensgeld" fällt die sog. persönliche Unfähigkeit, also die tagtäglichen Beeinträchtigungen des Unfallopfers. Diese werden neben den ...