Rz. 59
Folgende Besonderheiten sind bei dem Ersatz eines Schadensersatzanspruchs nach französischem Schadensersatzrecht bei einem Verkehrsunfall zu beachten:
1) Gefährdungs- und Verschuldenshaftung
Hier ist zu differenzieren: Bei der Verletzung einer Person besteht eine Art kausale Gefährdungshaftung von Fahrer und dem Halter als Obhutsinhaber gegenüber geschädigten nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern einschließlich Insassen. Ein Nachweis des Verschuldens ist hier i.d.R. nicht erforderlich. Auch der Einwand höherer Gewalt ist i.d.R. nicht möglich. Auch ein Mitverschulden des Verletzten ist hier unbeachtlich, es sei denn, es liegt ein unentschuldbares Fehlverhalten vor.
Im Hinblick auf Sachschäden kommt zwar grundsätzlich auch eine Gefährdungshaftung zur Anwendung. Ist bei einem Unfall zweier Kraftfahrzeuge aber nicht zu klären, wen ein Verschulden trifft, haftet jeder Fahrzeugführer auf den gesamten entstandenen Schaden des anderen. Eine Haftungsquotelung kommt dagegen nur in Betracht, wenn beiden Fahrzeugführern ein Verschulden nachgewiesen werden kann.
2) Polizeiliche Unfallaufnahme i.d.R. ohne Beweiswert
Bei Sachschäden wird i.d.R. nur ein einvernehmliches Unfallprotokoll erstellt. Diesem sog. europäischen Unfallbericht kommt ein erheblicher Beweiswert zu, wenn er einvernehmlich unterzeichnet worden ist. Bei Personenschäden erfolgt dagegen i.d.R. eine ausführliche Unfallaufnahme durch die Polizei.
3) Fahrzeugschaden Reparaturkosten
Reparaturkosten werden bis zur Höhe des Wiederbeschaffungswertes ersetzt, sollten aber möglichst durch einen konkreten Reparaturbeleg nachgewiesen werden. Auch Reparaturen im Ausland werden i.d.R. ersetzt. Ggf. wird auch eine fiktive Abrechnung inkl. der ausgewiesenen MwSt. zugelassen. Gutachten, die in Frankreich erstellt werden, weisen häufig geringere Abrechnungswerte aus.
Bei einem wirtschaftlichen Totalschaden wird der Wiederbeschaffungswert unter Anrechnung des Restwerts, ersetzt.
Ein merkantiler Minderwert wird nur in engen Grenzen erstattet und setzt i.d.R. neben einem erheblichen Fahrzeugschaden eine Laufleistung von nicht mehr als 10.000 km bzw. eine Zulassung von nicht mehr als einem halben Jahr voraus. Die Rechtsprechung hierzu ist aber nicht einheitlich und stellt teilweise weniger strenge Anforderungen. Teilweise wird ein merkantiler Minderwert aber auch nur bei hochwertigen schwerbeschädigten Neufahrzeugen ausnahmsweise anerkannt. Nach einer Reparatur gibt es in Frankreich keine Wertminderungsentschädigung mehr.
4) Gutachterkosten, Nutzungsausfall, Mietwagenkosten, Unkostenpauschale
Mietwagenkosten werden grundsätzlich ersetzt. Teilweise wird aber gefordert, dass das Fahrzeug beruflich genutzt wird oder der Geschädigte aus besonderen anderen Gründen auf die Nutzung angewiesen ist. Ersparte Eigenaufwendungen werden aber teilweise mit hohen Werten von 30–40% angerechnet.
Die Kosten eines Gutachters werden grundsätzlich erstattet. Auch eine pauschale Nutzungsentschädigung wird anerkannt, die sich in einem Spektrum von 10–20, ggf. auch 30 EUR bewegt. Auch bei gewerblichen Nutzfahrzeugen wird eine abstrakte Abrechnung zugelassen, wenn ein Gewinnausfall nicht konkret ermittelt werden kann, soweit genügend Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass es überhaupt einen Nutzungsausfall gegeben hat.
Eine Unkostenpauschale wird nicht anerkannt. Nebenkosten sind vielmehr zu belegen.
5) Schmerzensgeld
Anders als in Deutschland wird ein Schmerzensgeld in verschiedene Einzelpositionen aufgegliedert. Die gezahlten Entschädigungen liegen i.d.R. höher als in Deutschland. Bei anhaltenden Schmerzen erfolgt eine Untergliederung in 8 Stufen von sehr leicht bis außergewöhnlich, wobei der Rahmen nur bis Stufe 7 als sehr schwere Beeinträchtigung beziffert wird. Typische Beträge sind:
Stufe 1: 600 – 1.200 EUR
Stufe 4: 5.000 – 16.000 EUR
Stufe 7: 30.000 EUR – unbegrenzt
Daneben kommt auch ein Ersatz für einen sog. Entstellungsschaden in Betracht mit derselben Unterteilung in Schweregrade. Auch entgangene Lebensfreude führt zu einem Ersatzanspruch.
Angehörige können bei schweren Verletzungen ebenfalls einen Anspruch auf Schmerzensgeld erhalten. Hat ein Familienmitglied dem schwer verletzten Angehörigen sogar bis zum Tode Beistand geleistet kann der daraus resultierende moralische Schaden als sog. Beistandsschaden zusätzlich berücksichtigt werden.
6) Verdienstausfall
Ein unfallbedingter Verdienstausfall wird erstattet. Bei einem vorübergehenden Schaden wird er für die Ausfallzeit nach dem Nettoeinkommen berechnet. Bei Selbstständigen ist i.d.R. ein Steuerberater notwendig. Bei dauernder Erwerbsunfähigkeit wird als Vergleichsmaßstab eine sog. Sozialrente herangezogen, wobei mit einem Punktesystem gearbeitet wird, welches Kriterien wie Alter, Beruf und Einkommen sowie die Schwere der Invalidität berücksichtigt. Die Entschädigung kann als Kapitalbetrag oder als Rente ermittelt werden.
7) Unterhaltsschaden
Hinterbliebenen wird ein entgangener Unterhalt ersetzt. Dies selbst dann, wen...