Dr. Nicolai Besgen, Thomas Prinz
Rz. 4
Der Begriff der technischen Einrichtung richtet sich nach dem Zweck der Mitbestimmung. Dieser liegt darin, Arbeitnehmer vor Beeinträchtigungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu schützen, um nicht bloßes Objekt einer Überwachungstechnik zu werden. Das Bundesarbeitsgericht legt den Begriff der technischen Einrichtung weit aus. Es genügt, wenn es sich um ein optisches, mechanisches, akustisches oder elektronisches Gerät handelt, solange jedenfalls ein gewisses Maß an Vergegenständlichung vorhanden ist. Problematisch ist dies jedoch bei der Einführung von Internet und E-Mail schon deshalb, da es sich insoweit um eine Kombination aus Hardwarekomponenten (Computer, Bildschirm, Modem etc.) und die für die Nutzung erforderliche Software handelt, die ein solches Maß an Vergegenständlichung an sich nicht besitzt. Jedoch wird sie zu ihrer Nutzung auf ein vorhandenes (Hardware-)Computersystem installiert. Sie kann deshalb nur im Zusammenspiel mit diesem bestimmungsgemäß eingesetzt werden. Deshalb ist in Bezug auf die Beurteilung, ob es sich um eine technische Einrichtung handelt, auf das Gesamtsystem abzustellen, so dass es sich bei der Einführung und Anwendung der Internetnutzung insgesamt um eine technische Einrichtung i.S.v. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG handelt. Dazu gehören auch das Intranet und die E-Mail-Kommunikation.
Rz. 5
Neben diesen mittlerweile seit Jahrzehnten gängigen Arbeitsmitteln existieren im Zeitalter der fortschreitenden Digitalisierung neue Arbeitsmittel (z.B. "Wearables"). Darunter werden nicht nur hochkomplexe und innovative Softwareprodukte verstanden, sondern auch alltägliche IT-Applikationen. Damit verbunden ist das Speichern von Unmengen an Daten. Der Einsatz von Analyse-Tools eröffnet zudem die Möglichkeit der Auswertung des Arbeitsverhaltens der Arbeitnehmer. Ebenso sind die mittlerweile in Betrieben immer häufiger genutzten Social-Media-Plattformen geeignet, als Überwachungstechnik eingesetzt zu werden. Hinsichtlich der Mitbestimmungsrechte ist bei allen Erscheinungsformen entscheidend, inwieweit der einzelne Arbeitnehmer individualisiert werden kann. Besteht kein Personenbezug, ist keine Zustimmung des Betriebsrates erforderlich.
Rz. 6
Die Dynamisierung in den digitalisierten Arbeitsprozessen sorgt mitunter dafür, dass die ursprünglich installierte Software fortlaufend aktualisiert werden muss. Das geschieht aus vielen Gründen (z.B. Virenschutz, Verbesserung von laufenden Anwendungen oder Fehlerbehebungen). Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats gilt neben der ersten Einführung auch für die laufende Anwendung technischer Überwachungseinrichtungen. Soweit also die eingeführte Software der Mitbestimmung unterliegt, bezieht sich die Mitbestimmung auch auf jedes qualifizierte Update. Das kann die Betriebsabläufe erheblich behindern, denn meist werden Updates automatisch eingespielt und der Arbeitgeber hat gar keinen Einfluss auf den Zeitpunkt des Updates. Oftmals erfolgt die Aktualisierung auch für die Nutzer unbemerkt. Der Praxis ist zu empfehlen, dass in einer Betriebsvereinbarung genau festgehalten wird, welche Updates unter die Mitbestimmung fallen sollen bzw. die Mitbestimmung – soweit möglich – im Voraus zu regeln, um Unterlassungsansprüche auszuschließen. Das kann im Einzelfall schwierig sein.
Nicht mitbestimmungspflichtig sind Updates, die lediglich der reinen Fehlerbehebung oder der Verbesserung der Qualität der bisherigen Software dienen, ohne diese administrativ zu verändern.
Rz. 7
Allgemein gilt, dass keine Mitbestimmung besteht, soweit die IT-Applikation gesetzlich vorgeschrieben oder tarifvertraglich vereinbart worden ist. Geht die technische Einrichtung jedoch über den gesetzlichen oder tariflichen Zweck hinaus, ist der Betriebsrat zu beteiligen, vgl. § 87 Abs. 1 Einleitungssatz BetrVG.