Rz. 136

Eine besondere Problematik ergibt sich aus der Zurverfügungstellung eines eigenen Betriebsratsintranets (vgl. oben Rdn 100) durch den Arbeitgeber. Gerade in diesem Fall hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, dass in diesem betriebsratseigenen – von ihm zur Verfügung gestellten – Intranet keine Gewerkschaftswerbung betrieben wird, sondern dieses Intranet für die betriebsbezogene Betriebsratsarbeit genutzt wird. Den allgemeinen Grundsätzen z.B. zu Aushängen des Betriebsrates am Schwarzen Brett entsprechend ist es daher dem Betriebsrat untersagt, das betriebsinterne Internet für gewerkschaftliche Information oder Werbung zu nutzen.[253] Dieses Verbot ergibt sich aus der auf § 74 Abs. 2 BetrVG beruhenden Neutralitätspflicht des Betriebsrates als Organ.[254] Es gehört nicht zu den gesetzlichen Aufgaben des Betriebsrates als Organ, Gewerkschaftswerbung zu betreiben,[255] der Betriebsrat ist zur gewerkschaftlichen Neutralität verpflichtet.[256]

 

Rz. 137

Im Falle, dass der Betriebsrat gegen dieses Verbot verstößt, und trotz Aufforderung des Arbeitgebers die streitbefangenen Seiten nicht schließt, muss der Arbeitgeber hiergegen den Rechtsweg beschreiten, ggf. im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes.[257] Der Arbeitgeber hat einen Anspruch auf Entfernung der Seiten durch den Betriebsrat. Sofern nicht durch Straftaten oder unerlaubte Handlungen für den Arbeitgeber eine Notwehr- oder Nothilfesituation gegeben ist, ist der Arbeitgeber aber nicht zur einseitigen Sperrung der Seiten befugt. Im Fall eines Betriebsrates, der trotz Aufforderung des Arbeitgebers die Seite "BR und ver.di" nicht entfernt hat, ist das Landesarbeitsgericht Hamm nicht vom Vorliegen einer solchen Nothilfesituation ausgegangen.[258] Nach der zutreffenden Auffassung des Bundesdatenschutzbeauftragten ist der Versand von E-Mail-Werbung durch Gewerkschaften an Nichtmitglieder unzulässig, wenn die Gewerkschaft die Adressdaten durch den Betriebsrat erhalten hat.[259] Hierin kann außerdem generell eine unzulässige Zusendung von unaufgeforderter E-Mail-Werbung (Spamming) gesehen werden.[260]

[253] Däubler, Digitalisierung und Arbeitsrecht, § 13Rn 29; Beckschulze/Henkel, DB 2001, 1491, 1501; Beckschulze, DB 2003, 2777, 2784; Beckschulze, DB 2007, 1526.
[254] BVerfG 27.3.1979 – 2 BvR 1011/78, NJW 1979, 1875.
[256] Rieble/Gutzeit, ZfA 2001, 341, 356.
[257] Richardi/Richardi/Maschmann, § 2 Rn 178 ff.; BAG 3.9.2003 – 7 ABR 12/03, Rn 25, NZA 2004, 278.
[259] BT-Drucks 14/5555, 131.
[260] Vgl. z.B. LG Berlin 16.5.2002 – 16 O 4/02, NJW 2002, 2569, das von einem unzulässigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb ausgeht; vgl. auch Gola, MMR 2005, 18, 21.

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