Rz. 261
Rz. 262
OLG Celle
Kommt der Fahrer (1) des Pkw wegen Übermüdung und einer BAK von 0,92 ‰ von der Fahrbahn ab und prallt gegen einen Baum, kann der Beifahrer (2) seinen Schadenersatzanspruch zu 100 % durchsetzen. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass Übermüdung und Ausfallerscheinungen für den Beifahrer (2) nicht erkennbar waren. Ein vorwerfbares Mitverschulden besteht nur dann, wenn der Beifahrer begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Fahrers hatte oder haben musste. Bei einer BAK von 0,92 ‰ müssen auch morgens um 5.30 Uhr noch keine Ausfallerscheinungen auftreten.
Rz. 263
OLG Schleswig
Steigt ein Jugendlicher als Beifahrer (2) in ein Auto zu einem erkennbar alkoholisierten Fahrer (1), so muss er sich bei einem Unfall ein Mitverschulden von 25 % anrechnen lassen.
Rz. 264
OLG Oldenburg
Vertraut sich ein Mitfahrer (2) einem Fahrer (1) an, obwohl dessen alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit bei gehöriger Sorgfalt erkennbar gewesen wäre, so trifft ihn ein Mitverschulden von ⅓, wenn er bei einem Unfall verletzt wird. Der Mitfahrer (2) war mit dem Fahrer (1) ca. eine Stunde zusammen. In dieser Zeit ist ihm der Alkoholkonsum nicht entgangen. Der Fahrer (1) erreichte eine BAK von 1,13 ‰.
Rz. 265
KG
Wer sich in ein Fahrzeug setzt, dessen Fahrer alkoholisiert ist und dessen Fahruntüchtigkeit bei Anwendung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt hätte erkannt werden können, handelt grundsätzlich grob fahrlässig. Kommt es zu einem alkoholbedingten Unfall, haftet der Mitfahrer zu ¼. Die Erkennbarkeit ist anzunehmen, wenn sich der Mitfahrer zum Besuch eines Volksfestes hatte abholen lassen und wenn feststeht, dass beide Bier bestellt und getrunken haben. Insbesondere ist hiervon auszugehen, wenn der Fahrer nach einer Stunde eine BAK von 1,54 ‰ hatte. Alles andere widerspricht jeder Lebenswirklichkeit auch dann, wenn der Mitfahrer behauptet, er habe auf den Fahrer nicht ständig geachtet, weil sie in einer Gruppe von weiteren 4–5 Personen unterwegs gewesen waren.
Rz. 266
OLG Naumburg
Dem Insassen eines von einem alkoholisierten Fahrer geführten Kfz ist nur dann ein Vorwurf zu machen, wenn sich ihm bei zumutbarer Aufmerksamkeit aus den für ihn erkennbaren Gesamtumständen begründete Zweifel an der Fahrtüchtigkeit des Fahrers aufdrängen mussten, so dass ein in angemessener Weise auf seine Sicherheit bedachter Fahrgast verständigerweise von der Mitfahrt Abstand genommen hätte. Der Gefälligkeitscharakter einer Fahrt führt per se weder zu einer Beschränkung der deliktischen Haftung noch zu einem konkludenten Haftungsausschluss.
Rz. 267
OLG Naumburg
Hatte die Mitfahrerin (2) Kenntnisse davon, dass dem Fahrer (1) die Fahrerlaubnis entzogen worden war und dieser unter Alkoholeinfluss stand, so trifft ihn ein Mitverschulden von ¼. Der Beifahrer hat sich bewusst einer gesteigerten Gefahr ausgesetzt, die schließlich zum Unfall führte. Auch wenn ein objektiver – abstrakter – Sorgfaltsmaßstab zugrunde gelegt wird, ist zu berücksichtigen, dass die Beifahrerin (2) seinerzeit im Alter von 22 Jahren bereits über ein ausgeprägtes Verantwortungsbewusstsein und entsprechende Lebenserfahrung verfügte, die ihr die Einsicht in die Gefährlichkeit der Fahrt ermöglicht haben musste.
Rz. 268
OLG Celle
Fährt ein Beifahrer mit einem erkennbar betrunkenen Fahrzeugführer mit, verstößt er gegen die eigenen Interessen. Er muss sich in der Regel ein erhebliches Mitverschulden anrechnen lassen, wenn er bei einem Unfall verletzt wird. Der Fahrer haftet in diesem Fall zu 60 %, der Beifahrer zu 40 %. Die Beweislast für die Erkennbarkeit des erheblichen Alkoholgenusses liegt beim Schädiger. Hatte der Fahrer 1,5 ‰, so kann der Beweis des ersten Anscheins dafür bestehen, dass der Beifahrer die massive Alkoholisierung des Fahrers vor Fahrtantritt bemerkt hat.
Rz. 269
OLG Celle
Verabreden der (später verletzte) Beifahrer und der alkoholisierte Fahrer eines Unfallfahrzeugs zunächst im Laufe des Nachmittags, dass der Beifahrer am Abend fahren solle, wird dies aber vor der Unfallfahrt aus ungeklärtem Grund doch nicht so gehandhabt, so trifft den Beifahrer gegenüber dem mit 1,87 ‰ alkoholisierten Fahrer ein hälftiges Mitverschulden.
Rz. 270
OLG Hamm
Dem Mitfahrer kann der Vorwurf eines eigenen Verschuldens gemacht werden, wenn der Fahrzeugführer offensichtlich betrunken ist oder wenn sich Zweifel an dessen Fahrtüchtigkeit aufdrängen müssen. Allein die Tatsache, dass der Fahrer die Unglücksfahrt im Interesse des anderen und aus Gefälligkeit ihm gegenüber unternommen hat, rechtfertigt es nicht, einen stillschweigend vereinbarten Haftungsausschluss anzunehmen.
Rz. 271
OLG Düsseldorf
Der Beifahrer (2) haftet zu ⅓, wenn er sich dem erkennbar alkoholisierten Fahrer (1) anvertraut und es bei der anschließenden Fahrt zum Unfall kommt. Dies gilt auch, wenn der Beifahrer (2) lediglich Zweifel an der Fahrtauglichkeit des Fahrers hat. In diesem Fall hat er eine Erkundigungspflicht bezüglich der durch den Fahrer getrunkenen Alkoholmenge.
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