Rz. 948
Rz. 949
LG Aachen
Sind auf der Fahrbahn liegende Flacheisen für Pkw-Fahrer (1) und (2) erkennbar, haftet (1) nur zu ⅓, wenn diese Teile beim Überfahren hoch geschleudert werden und das Fahrzeug (2) beschädigen. Fahrer (2) haftet zu ⅔ für den erlittenen Schaden, wenn ein Ausweichen und Abbremsen möglich war.
Rz. 950
BGH
Bei einer beidseitigen Fahrbahnverengung (Gefahrenzeichen 120 nach Anlage 1 zu § 40 Abs. 6, Abs. 7 StVO gilt das Gebot der wechselseitigen Rücksichtnahme (§ 1 StVO). Unter diesen Umständen besteht keine Regel zum Vorrang in der Engstelle. Das Allgemeine Gefahrenzeichen 120 ("Verengte Fahrbahn") nach Anlage 1 zu § 40 Abs. 6, Abs. 7 StVO weist auf eine Verengung der Fahrbahn hin. Im Falle der Verengung von zuvor zwei auf nunmehr nur noch einen Fahrstreifen gibt es – anders als beim Zeichen 121 ("Einseitig verengte Fahrbahn") – nicht einen durchgehenden und einen endenden Fahrstreifen, sondern beide Fahrstreifen werden in einen Fahrstreifen überführt. Das Durchfahren der Engstelle ist daher für sich genommen nicht mit einem Fahrstreifenwechsel i.S.d. § 7 Abs. 5 StVO verbunden. Das Reißverschlussverfahren des § 7 Abs. 4 StVO greift nicht unmittelbar. Die in der Verengung liegende und durch das Zeichen 120 signalisierte Gefahr führt jedoch zu einer erhöhten Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflicht der auf beiden Fahrstreifen auf die Engstelle zufahrenden Verkehrsteilnehmer i.S.d. §§ 1, 3 Abs. 1 StVO. Dies gilt auch dann, wenn beide Fahrzeuge gleichauf und mit gleicher Geschwindigkeit an die Engstelle gelangen. Auch in diesem Fall gebührt dem rechts fahrenden Fahrzeug nicht regelhaft der Vortritt. Gelingt eine Verständigung unter den Fahrzeugführern nicht, sind sie dazu verpflichtet, im Zweifel jeweils dem anderen den Vortritt zu lassen. Kommt es wegen einer fehlenden Abstimmung zur Kollision, haften beide Fahrzeugführer zu 50 %.
Rz. 951
BGH
Den Betreiber einer Waschanlage trifft die Verpflichtung, die Benutzer der Anlage in geeigneter und ihm zumutbarer Weise über die zu beachtenden Verhaltensregeln zu informieren. Bremst ein Fahrzeugführer vor Beendung des Waschvorgangs in einer automatischen Waschstraße sein Fahrzeug grundlos ab, wird ein dahinter befindliches Fahrzeug durch die Kette weiter fortbewegt und wird ein weiteres Fahrzeug auf dieses aufgeschoben, haftet der Betreiber der Waschanlage für die Schäden, wenn er nicht ordnungsgemäß über das Verhalten in der Waschstraße aufgeklärt hatte.
Rz. 952
Hinweis
Scheidet ein Anspruch gegen den Betreiber der Waschanlage mangels Verschulden aus, muss im Einzelfall geprüft werden, ob andere Anspruchsgegner in Betracht kommen. Denkbar sind Ansprüche gegen den Benutzer der Waschanlage, der sich falsch verhalten hat. Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass der Betrieb des den Unfall verursachenden Fahrzeugs gemäß § 7 Abs. 1 StVG besteht. Hiervon wird allerdings nach überwiegender Rechtsprechung in Waschstraßen nicht ausgegangen, da sich die beförderten Fahrzeuge während des Waschvorgangs im Leerlauf befinden. Anderer Ansicht ist allerdings das LG Kleve, das davon ausgeht und es ausreichen lässt, dass sich eine vom Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen bei wertender Betrachtung in dieser Weise durch da Kfz (mit-)geprägt wurde.
Rz. 953
OLG Hamm
Ein Verstoß gegen § 15 StVO wegen unterbliebener Absicherung einer Unfallstelle liegt dann nicht vor, wenn eine Absicherung durch Warnzeichen deshalb entbehrlich ist, weil das Fahrzeug rechtzeitig als stehendes Hindernis erkannt werden konnte. Zeichen 295 zu Anlage 2 der StVO (durchgezogene Linie) entwickelt keine Schutzwirkung zugunsten des nachfolgenden Verkehrs, sondern dient der Sicherheit des Gegenverkehrs. Die Unfallstelle war für einen aufmerksamen Verkehrsteilnehmer aus einer Entfernung von etwa 200 m gut erkennbar.
Rz. 954
OLG Köln
Schleudert ein vorausfahrendes Kfz (1) ein Handteller großes Metallstück hoch und beschädigt dieses ein nachfahrendes Kfz (2), haftet der Fahrer von (1) nicht für den Schaden, den das Metallstück am Fahrzeug (2) verursacht. Für den Fahrer (1) stellt das Überfahren dieses kleinen Teils ein unabwendbares Ereignis dar.
Rz. 955
OLG Koblenz
Ein Warnleitanhänger, der während des Abbaus von Straßenschildern auf der Fahrbahn aufgestellt wird, muss bei einem gut einsehbaren Straßenverlauf auch bei blendender Sonne nicht mit zusätzlichen Schildern oder Leitkegeln gesichert werden. Ein Fahrzeugführer muss seine Geschwindigkeit den Sichtverhältnissen anpassen. Kommt es zum Unfall, haftet er zu 100 %.
Rz. 956
OLG Koblenz
Hat ein Kfz eine Reifenpanne und ist es damit nicht mehr fahrtüchtig, bleibt die Betriebsgefahr dennoch weiter bestehen. Sie ist bei der Haftungsermittlung gemäß § 7 Abs. 1 StVG mit einzubeziehen. Dem Fahrzeugführer ist das Aufstellen eines Warndreiecks auf der Autobahn in dieser Situation nicht zumutbar, wenn er sich hierdurch selbst in erhebliche Gefahr bringen würde. Fährt ein Fahrzeug auf das Pannenfahrzeug auf, haft...