Rz. 1131
Rz. 1132
BGH
Kommt es in einer ampelgeregelten und mit einem grünen Pfeil versehenen Kreuzung zu einem Zusammenstoß zwischen einem Linksabbieger und einem entgegenkommenden Verkehrsteilnehmer, so muss der die Kreuzung geradeaus durchfahrende Verkehrsteilnehmer, wenn er daraus für ihn günstige Rechtsfolgen herleiten will, beweisen, dass der grüne Pfeil für den Linksabbieger nicht aufgeleuchtet hat. Der Beweis des ersten Anscheins spricht in einem solchen Fall nicht für ein Verschulden des Linksabbiegers. Bleibt ungeklärt, ob der grüne Pfeil das Linksabbiegen freigab, so kann der Geradeausfahrende (2) von dem Unfallgegner (1) bei gleicher Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge nur 50 % seines Schadens ersetzt verlangen.
Rz. 1133
BGH
Kommt es an einer Kreuzung, bei welcher der Abbiegevorgang nach links durch eine mit einem Grünpfeil versehene Lichtsignalanlage geregelt ist, zu einem Zusammenstoß zwischen dem Linksabbieger (1) und einem in Gegenrichtung geradeaus fahrenden Fahrzeug (2), darf im Rahmen der Haftungsverteilung nach § 17 StVG vom Linksabbieger nicht der Nachweis verlangt werden, dass und in welchem Umfang er Sorgfaltspflichten aus § 9 Abs. 1 und 3 StVO nachgekommen ist.
Rz. 1134
KG
Ein, einem an ampelgeregelter Kreuzung Linksabbieger entgegenkommender Rechtsabbieger haftet bei einer Kollision zu 100 %. Zwar ist es grundsätzlich zutreffend, dass zugunsten des (Geradeausfahrenden bzw.) Rechtsabbiegers der Anscheinsbeweis gegen den entgegenkommenden Linksabbieger herangezogen werden kann und dieser dafür steht, dass der Linksabbieger seine ihm nach § 9 Abs. 3, Abs. 4 S. 1 StVO obliegenden Sorgfaltspflichten verletzt hat. Das setzt jedoch eine typische Sachlage voraus, an der es im zu entscheidenden Fall fehlte. Denn zum einen scheitert an der betreffenden Kreuzung der rechtliche Anknüpfungspunkt über § 9 Abs. 4 S. 1 StVO, weil die Regelung durch Lichtzeichen vorgeht (§ 37 Abs. 1) und hier für Linksabbieger abschließend ist, zum anderen fehlte es mit Rücksicht auf die gesonderte Lichtzeichenregelung für Linksabbieger aber auch an einem typischen Geschehen.
Rz. 1135
KG
Ist das Landgericht nach Vernehmung von Zeugen, ohne den Ampelschaltplan auszuwerten, zu dem Ergebnis gelangt, dem klagenden Linksabbieger sei der Beweis des Verschuldens des Geradeausfahrers nicht gelungen, so dass deshalb von einer ungeklärten Ampelschaltung und einer Haftung zu 50 % auszugehen sei, kann das Berufungsgericht auf der Grundlage der protokollierten Zeugenaussagen unter Auswertung des Ampelschaltplans zu dem Ergebnis gelangen, der Linksabbieger sei vor Aufleuchten des Grünpfeils abgebogen. Dieser muss deshalb seinen Schaden selbst tragen. § 286 ZPO fordert den Richter auf, den Sachverhalt auf Grundlage des Parteivorbringens möglichst vollständig aufzuklären. Er hat die in erheblicher Weise beantragten Beweise erschöpfend zu erheben und sich in der Urteilsbegründung mit dem Prozessstoff und dem Beweisergebnis umfassend und widerspruchsfrei auseinanderzusetzen. Die Beachtung dieser Grundsätze führt zum Erfolg der Berufung der Beklagten.
Rz. 1136
KG
Der durch grünes Ampellicht Vorfahrtberechtigte (2) muss nicht damit rechnen, dass ein Linksabbieger (1) sorgfaltswidrig versuchen wird, seine Fahrbahn zu kreuzen. Dies gilt auch dann, wenn die Sicht für ihn nach links durch am linksseitigen Fahrstreifen stehende Fahrzeuge verdeckt wird. Die Lückenrechtsprechung gilt nicht für ampelgeregelte Kreuzungen. Dort besteht kein Bedürfnis, dem wartepflichtigen Linksabbieger zu gestatten, sich durch eine vorhandene Verkehrslücke auf der vorfahrtberechtigten Straße vorzutasten. Vielmehr muss er abwarten, bis die Ampel für ihn grünes Licht zeigt oder der grüne Linksabbiegepfeil das Abbiegen frei gibt. Will der Wartepflichtige (1) die Mithaftung des Vorfahrtberechtigten (2) damit begründen, dieser hätte den Unfall durch eine rechtzeitige unfallverhütende Reaktion vermeiden können, muss er beweisen, dass sich der Bevorrechtigte zur Zeit der Erkennbarkeit der Vorfahrtverletzung in einer solchen Entfernung von der Unfallstelle befand, dass er auf das Fehlverhalten von (1) hätte reagieren können. Gelingt dies nicht, haftet der Wartepflichtige (1) zu 100 %.
Rz. 1137
KG
Wenn auf einer mit Wechsellichtzeichen und grünem Abbiegepfeil versehenen Kreuzung ein Geradeausfahrer (2) und ein Linksabbieger (1) zusammenstoßen, hat Letzterer zu beweisen, dass er den ihm auferlegten Sorgfaltspflichten nachgekommen ist. Bleibt die Ampelschaltung bezüglich des Abbiegepfeils ungeklärt, trägt der Linksabbieger ⅔ und der Geradeausfahrer ⅓ des Unfallschadens.
Rz. 1138
OLG Hamm
Ein Linksabbieger (1), der auf einer Ampelkreuzung mit grünem Räumpfeil mit einem entgegenkommenden geradeaus fahrenden Fahrzeug (2) zusammenstößt, hat mit deutlich überwiegender Wahrscheinlichkeit seine Wartepflicht verletzt. Eine entsprechende Feststellung bedarf aber zusätzlicher Anhaltspunkte. Auf einer ampelgeregelten Kreuzung ist bei Kollision eines ...