Rz. 1756
Rz. 1757
OLG Karlsruhe
Fahrer (2) haftet bei scharfem Bremsen von Fahrer (1) wegen einer die Fahrbahn überquerenden Wildente zu 60 %. Es stellt keinen zwingenden Grund zum Abbremsen des Fahrzeugs (1) dar, dass eine Wildente die Fahrbahn überquert. Der Schutz des Tiers muss bei der Abwägung hinter dem des nachfolgenden Verkehrsteilnehmers zurücktreten. Gegen den auf das vorausfahrende Fahrzeug auffahrenden Verkehrsteilnehmer (2) spricht der Anscheinsbeweis, dass er entweder mit zu geringem Sicherheitsabstand unterwegs oder unaufmerksam gefahren war.
Rz. 1758
OLG Köln
Bremst ein Kfz-Fahrer (1), weil sich eine Taube auf der Fahrbahn befindet, so muss er auf den nachfolgenden Verkehr Rücksicht nehmen. Bei einer solchen Situation muss der Kfz-Fahrer damit rechnen, dass für nachfolgende Verkehrsteilnehmer die Verkehrssituation nicht erkennbar und damit überraschend ist. Gem. § 1 Abs. 2 StVO sind wegen dieses Risikos ähnlich hohe Anforderungen zu stellen wie bei den §§ 9 Abs. 5, 10 StVO. In diesen Fällen besteht daher eine Verpflichtung auf den nachfolgenden Verkehr zu achten und durch entsprechendes Verhalten (z.B. Hupen, wiederholtes Anticken der Bremse zur Warnung, Ausweichen etc.) die Kollision mit anderen Verkehrteilnehmern zu vermeiden. Der Auffahrende (2) kann Ersatz seines Unfallschadens zu 50 % verlangen, da seinem Anscheinsverschulden ein gleichwertiger Verstoß der Vorausfahrenden (1) gegenübersteht. Diese hat gegen das Gebot der Rücksichtnahme beim Anhalten im fließenden Verkehr verstoßen.
Rz. 1759
OLG Saarbrücken
Wegen eines über die Straße laufenden kleinen Tieres darf dann nicht die Geschwindigkeit reduziert werden, wenn dadurch eine Gefährdung des Straßenverkehrs eintritt. Ein Kfz-Führer muss auch dann in der Lage sein, das Kfz sicher zu führen und in einer den Straßenverkehr nicht gefährdenden Weise zu reagieren, wenn er auf ein auf der Straße befindliches Tier zu fährt. Die Entschuldigung eines auf Erschrecken beruhenden falschen Verhaltens ist nicht möglich. Gem. § 4 Abs. 1 S. 2 StVO darf der Vorausfahrende (1) nicht ohne Grund bremsen. Bremst er dennoch wegen des die Straße querenden kleinen Tiers haftet er zu 100 % für den Schaden des Auffahrenden. Dieser muss mit einem solchen Verhalten nicht rechnen.
Rz. 1760
LG Duisburg
Bremst ein Kfz-Führer plötzlich wegen eines Kleintieres (Vogel) und kommt es deshalb zu einem Aufahrunfall, haftet der Aufahrende zu 70 %. Er hatte den erforderlichen Sicherheitsabstand gem. § 4 Abs. 1 S. 1 StVO nicht eingehalten. Dieser muss so groß sein, dass auch dann hinter einem Kfz angehalten werden kann, wenn es plötzlich abgebremst wird. Bremst der Vordermann wegen eines kleinen Tiers, erfolgt sein Bremsen nicht aus einem verkehrsimmanenten Grund und war deshalb nicht erforderlich. Sein Verhalten führt zu einer erhöhten Betriebsgefahr, was in die Abwägung nach §§ 17 Abs. 1 S. 2, 18 Abs. 3 StVG einzustellen ist.
Rz. 1761
AG Pinneberg
Nach dem in seiner Fassung seit dem 1.8.2002 geltenden § 7 Abs. 2 StVG ist eine Mithaftung eines Unfallbeteiligten erst beim Vorliegen von höherer Gewalt ausgeschlossen. Ein Ausschluss liegt nicht mehr bereits schon dann vor, wenn sich der Unfall für den Beteiligten als ein unabwendbares Ereignis darstellt. Im Rahmen der nach § 17 Abs. 1 S. 2 StVG vorzunehmenden Abwägung sind nur die feststehenden unfallursächlichen Tatsachen zu berücksichtigen. Läuft ein Tier über die Fahrbahn, so ist für die Frage, ob dies ein starkes Abbremsen des vorausfahrenden Kfz rechtfertigt, eine Einzelfallabwägung vorzunehmen. Hierbei kommt es vor allem auf vier Kriterien an, zu denen Größe und Wert des Tieres, Unfallort innerhalb oder außerhalb einer geschlossenen Ortschaft, Geschwindigkeit beider Kfz sowie der zwischen den Kfz bestehende Sicherheitsabstand zählen. Diese Einzelfallerwägung ergibt vorliegend eine Berechtigung des Beklagten zum plötzlichen Abbremsen. Der Auffahrende (2) haftet zu 100 %.
Rz. 1762
AG Essen
Wird durch ein auf die Fahrbahn laufendes Tier ein Unfall verursacht, bei dem zwei Kfz-Fahrer ihre Fahrzeuge rechtzeitig abbremsen können, ein dritter Kfz-Fahrer jedoch einen Auffahrunfall verschuldet, haftet der Auffahrende (2) zu 100 %. Eine gesamtschuldnerische Haftung mit dem Tierhalter besteht nicht. Die Tierhalterin haftet grundsätzlich für die verursachten Tierschäden. Jedoch ist festzustellen, dass der erste Kfz-Führer so auf das Tierverhalten reagieren konnte, dass er keine Vollbremsung vornehmen musste. Unstreitig ist ferner, dass auch der zweite Kfz-Führer. nicht auf das vorausbefindliche Kfz aufgefahren ist und damit für den nachfolgenden dritten Fahrer (2) keine Bremswegverkürzung eingetreten ist. Da dieser aber auf das vorausfahrende Kfz aufgefahren ist, sprach der Beweis des ersten Anscheins für sein schuldhaftes Verhalten. Dies bewertet das Gericht derart überwiegend, dass eine Haftung der Tierhalterin nicht eintritt.
Rz. 1763
AG Krefeld
Befinden sich Enten auf der Fahrbahn, berechtigt dies nic...