Rz. 47
Rz. 48
OLG Oldenburg
Der Fahrer eines Pkw (1) haftet zu 75 %, wenn er zunächst weit nach links ausholt und hierzu den linken Fahrtrichtungsanzeiger setzt. Hierdurch wird der Eindruck erweckt, er wolle nach links einbiegen. Ein Fahrer (Pkw (2)), der rechts an dem ausbiegenden Fahrzeug vorbeifährt, kann sich darauf berufen, dass er den Eindruck hatte, der vorausfahrende Pkw (1) werde links abbiegen. Nachdem links und rechts Einfahrten vorhanden sind, kann sich der Fahrer des Pkw (2) jedoch nicht auf ein unabwendbares Ereignis berufen. Er musste damit rechnen, dass der Pkw (1) nur deshalb ausbog, um leichter in die Grundstückseinfahrt einfahren zu können.
Rz. 49
KG
Der Führer eines Sattelzuges (1), an dessen Heck sich eine gelbe Rundleuchte sowie ein Warnschild – "Achtung, Anhänger schwenkt aus" – befindet, darf nicht darauf vertrauen, dass dies andere Verkehrsteilnehmer so hinreichend warnt, dass er von den Sorgfaltspflichten beim Abbiegen nach rechts aus § 9 Abs. 1 StVO befreit wäre. Kommt es beim Abbiegen nach rechts durch einen derartigen Sattelzug zu einer Kollision mit einem links daneben befindlichen Pkw (2), der in nicht ausreichendem Seitenabstand von hinten neben den Sattelzug gefahren ist, so kommt eine Haftungsverteilung von ¼ zu ¾ zu Lasten des Führers des Sattelzugs in Betracht. Voraussetzung ist, dass dieser den links neben seinem Fahrzeug befindlichen Pkw bei ordnungsgemäßer Rückschau hätte erkennen können. Eine Rückschau war besonders geboten, weil feststand, dass der Lkw bauartbedingt beim Rechtsabbiegen nach links in den benachbarten Fahrstreifen ausscheren würde.
Rz. 50
OLG Hamm
Fährt ein vorfahrtsberechtigter Verkehrsteilnehmer rechts an einer zum Stillstand gekommenen Kolonne vorbei, muss er bei großen Lücken damit rechnen, dass Querverkewhr diese nutzt. Er muss notfalls anhalten können. Steht auf einem von mehreren Fahrstreifen eine Kolonne oder ist diese nur mit mäßiger Geschwindigkeit unterwegs, darf auch innerorts nach § 7 Abs. 2a StVO nur mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Sorgfalt rechts überholt werden. Kommt es zu einem Zusammenstoß mit einem abbiegenden Kfz, haftet dessen Fahrer zu ⅔. Er hat einen Vorfahrtsverstoß gem. § 9 Abs. 3 StVO begangen und damit den Verkehrsunfall überwiegend verschuldet.
Rz. 51
OLG Hamm
Zwar stellt das Abbiegen in eine neben der Fahrbahn liegende Parkbox bzw. Parkbucht kein Abbiegen in ein Grundsstück i.S.v. § 9 Abs. 5 StVO dar. Allerdings kann das im Vergleich zum Abbiegen in eine Einmündung im Einzelfall erhöhte Gefährdungspotential in Anwendung des Rechtsgedankens dieser Vorschrift bei der Gewichtung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge im Rahmen der Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 und § 17 Abs. 2 StVG berücksichtigt werden.
Rz. 52
LG Rostock
Kommt bes zu einem Zusammenstoß zwischen einem nach rechts abbiegenden Lkw, der im Zuge des Abbiegevorgangs nach links ausschwenkte, und einem überholenden Pkw, haftet der Fahrer des Pkw zu 100 %. Dieser hatte bei unklarer Verkehrslage überholt. Die Betriebsgefahr des Lkw tritt unter diesen Umständen vollständig zurück. Trotz des gesetzten Rechtsblinkers und des Abbremsens des Lkw vor der Einfahrt in das Grundstück hätte dem Überholer klar sein müssen, dass der Lkw nach links ausscheren muss.
Rz. 53
LG Saarbrücken
Ein Motorradfahrer, der unzulässigerweise rechts überholt, haftet zu ⅓, wenn er mit einem Pkw-Fahrer kollidiert, der gegen die Sorgfalt beim Abbiegen in ein Grundstück verstößt. Der Abbiegende hat der ihm nach § 9 Abs. 5 StVO obliegenden, gesteigerten Sorgfaltspflicht des in ein Grundstück Abbiegenden nicht genügt. Dies hätte sogar zu einer 100 %-Haftung geführt, wenn dem Überholenden keine Sorgfaltspflichtverletzung nachzuweisen gewesen wäre. Das verbotene Rechtsüberholen des Motorradfahrers wiegt jedoch schwer, nicht zuletzt, weil er selbst im Unklaren über das weitere Fahrverhalten des Erstbeklagten war.
Rz. 54
LG München
Schwenkt ein Reisebus bei einem Rechtsabbiegevorgang mit dem Heck über die eigene Fahrspur in die links daneben liegende Geradeausfahrspur aus und kommt es dabei zu einer Kollision mit dem geradeaus fahrenden Pkw, gilt der Anscheinsbeweis zu Lasten des Reisebusfahrers. Dieser haftet zu 100 %.
Rz. 55
LG Passau
Fährt ein Schwertransport ohne Begleitfahrzeug auf einer nicht genehmigten Strecke und kommt es beim Linksabbiegen an einer Kreuzung zu einem Zusammenstoß mit einem geradeaus fahrenden Linienbus, trifft den Fahrer des Schwertransporters wegen dessen erhöhter Betriebsgefahr eine Haftung von ⅔. Der Fahrer des Busses haftet zu ⅓, weil ein Busfahrer aufgrund seiner Ausbildung weiß, dass Ausleger eines Schwertransporters ausschwenken. Er hätte deshalb seine Geschwindigkeit entsprechend anpassen müssen.
Rz. 56
AG Remscheid
Kommt es zwischen dem rückwärts Einparkenden und einem hinter ihm befindlichen Fahrzeug dadurch zur Kollision, dass der hinter dem Einparkenden befindliche Fahrer rechts zum Überholen ansetzt, ohne den notwendigen Se...