Rz. 1617
Rz. 1618
KG
Pkw (1) haftet bei einer Kollision mit Pkw (2) unter nicht völlig geklärten Umständen beim Rückwärtsfahren zu 100 %. Kommt es zwischen einem rückwärts fahrenden Kfz (1) und einem anderen Fahrzeug (2) zu einer Berührung, spricht der Beweis des ersten Anscheins für ein Verschulden des Rückwärtsfahrenden. Dies ergibt sich aus § 9 Abs. 5 StVO. In der Regel wird hierdurch die Annahme der alleinigen Haftung und des Verschuldens des Rückwärtsfahrenden gerechtfertigt. Für eine Mithaftung des anderen beteiligten Fahrers bleibt kein Raum.
Rz. 1619
OLG Köln
Der Schutzzweck des § 9 Abs. 5 StVO beschränkt sich, soweit er sich mit den Pflichten beim Rückwärtsfahren befasst, nicht auf die Sicherung des fließenden Straßenverkehrs. Durch die Vorschrift soll vielmehr jeder Verkehrsteilnehmer geschützt werden, also auch ein aus einem Grundstück auf die Straße einfahrender Verkehrsteilnehmer. Beim Rückwärtsfahren um 10 m in einer Einbahnstraße haftet deshalb der Rückwärtsfahrende (1) für den Schaden, den ein aus einer Grundstücksausfahrt kommender Fahrer (2) erleidet, zu 75 %. Die Haftung des aus dem Grundstück Ausfahrenden beruht auf der Betriebsgefahr seines Kfz. Der Entlastungsbeweis wurde nicht geführt.
Rz. 1620
AG Essen
Da sich einerseits der aus der Einfahrt rückwärts ausfahrende Fahrer (2) nicht vergewissert hat, dass die Fahrbahn frei ist und andererseits der auf der Straße fahrende Fahrer (1) das Rechtsfahrgebot nicht eingehalten hat, ergibt sich eine beidseitige Haftungsquote von 50 %. Der fließende Verkehr auf der Straße hatte gegenüber dem Fahrer (1) Vorfahrt. Wenn Fahrer (1) wie vorgeschrieben auf der rechten Seite der Straße gefahren wäre, wäre es nicht zu der Kollision gekommen. Das war für ihn auch möglich.
Rz. 1621
AG Essen
Bei einer nach den §§ 17, 18 StVG gebotenen Abwägung einer beiderseitigen Mitverursachung ist der Haftungsanteil eines Fahrzeugführers (1) beim Wende- und Rückwärtsfahrvorgang höher einzustufen. Im Sinne des § 9 Abs. 5 StVO hat sich ein Fahrer beim Rückwärtsfahren und Wenden seines Pkw immer in der Weise zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Das Gesetz verlangt diesbezüglich das höchste Maß an Umsicht und Rücksichtnahme, was beinhaltet, dass auch bei unerwarteten Fahrmanövern andere Verkehrsteilnehmer nicht behindert werden. Vorliegend hat die Fahrerin auf der bevorrechtigten Fahrbahn (2), obwohl sie es hätte können, das Wendemanöver des Fahrers (1) nicht gesehen, als es zur Kollision beider Fahrzeuge kam. Fahrzeugführer (1) haftet zu ¼.