Rz. 111
Leben Eltern nicht nur vorübergehend voneinander getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt, § 1671 Abs. 1 S. 1 BGB. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Abs. 1 ist dem Wortlaut nach nicht, dass die Eltern miteinander verheiratet sind. Ein Antrag nach § 1671 Abs. 1 BGB ist also auch möglich, wenn die Eltern eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes die gemeinsame elterliche Sorge gemäß § 1626a Abs. 1 und 2 BGB haben und es nun um die Frage geht, ob ein Elternteil die elterliche Sorge auf sich allein übertragen lassen kann. Antragsberechtigt können beide Elternteile sein.
Rz. 112
Der Wortlaut des § 1671 Abs. 1 S. 1 BGB setzt eine "Trennung" der Eltern voraus. Was Trennung ist, definiert § 1567 BGB. Danach leben Ehegatten voneinander getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Bei Eltern eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes bestand von vornherein keine Ehe, so dass der Wortlaut des § 1567 BGB nicht wörtlich anwendbar sein kann. Aber die Frage ist, ob die Eltern, die die gemeinsame Sorge für ihr Kind erlangt haben, also entweder eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben haben oder das Familiengericht die gemeinsame Sorge übertragen hat, zwingend in Form einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen gewesen sein müssen. Denn dann würde beispielsweise einem Vater, der mit der Mutter des Kindes nicht liiert war, keine Möglichkeit haben, die alleinige Sorge gemäß § 1671 Abs. 1 BGB auf sich übertragen zu lassen, obwohl er zuvor Inhaber der gemeinsamen Sorge war. Das wäre widersprüchlich, zumal eine Übertragung sich an den Voraussetzungen des § 1671 BGB messen lassen muss. Deshalb ist das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft und die anschließende Trennung für die Möglichkeit eines Elternteils, einen Antrag auf Übertragung der elterlichen Sorge auf sich allein jedenfalls dann nicht Voraussetzung, wenn zuvor die gemeinsame Sorge bestand. Die Eltern müssen also nicht zusammengelebt haben.
Rz. 113
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten zu einem Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge oder eines Teils desselben wird auf die Ausführungen in dem Buch aus der Reihe des Familienrechtlichen Mandats zu Sorge- und Umgangsrecht verwiesen.