Rz. 114
§ 1671 Abs. 2 BGB regelt hingegen einen anderen Fall, nämlich wegen seines Verweises auf § 1626a Abs. 3 BGB denjenigen, dass zunächst die Mutter eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes alleinige Inhaberin der elterlichen Sorge ist und nunmehr der Vater die Übertragung auf sich beantragt. Antragsberechtigt ist nur der Vater.
aa) Trennung
Rz. 115
Auch hier schreibt der Gesetzeswortlaut zunächst vor, dass die Eltern voneinander getrennt leben müssen. Während es im Zusammenhang mit § 1671 Abs. 1 BGB unstimmig wäre, würde man das Bestehen einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft voraussetzen, ist dies im Falle des § 1671 Abs. 2 BGB fraglich. Zwar ist § 1671 Abs. 2 BGB spiegelbildlich zu § 1671 Abs. 1 BGB aufgebaut, weshalb die Fälle erfasst sein könnten, in denen die Eltern nie zusammengelebt haben. Dennoch passt diese Auslegung des Wortlauts zugunsten des Vaters des außerhalb einer Ehe geborenen Kindes nicht zu den Gedanken, von denen sich der Gesetzgeber und die Rechtsprechung sonst leiten lassen. Im Vordergrund steht immer, dass das Kind einer Gemeinschaft, einer Familie, rechtlich zugeordnet wird und insofern mit dem ehelichen Kind gleichbehandelt wird. Das aber wird bei Verzicht auf die Tatbestandsvoraussetzung der Trennung nicht mehr gewährleistet. Denn erfasst sind dann auch Fälle, in denen der Vater weder mit dem Kind noch mit der Mutter zusammengelebt hat und auch bislang weder gemeinsam mit der Mutter eine Sorgeerklärung abgegeben hat noch die gemeinsame Sorge gerichtlich beantragt hat. Unter Umständen bestand überhaupt keine persönliche Bindung zwischen Vater und Kind. Im Zweifel aber ist diese Frage obsolet. Denn eine Entscheidung des Gerichts wird ohnehin immer nur insoweit getroffen, als die Übertragung auf den Vater dem Wohl des Kindes am besten entspricht.
bb) Alleinige elterliche Sorge der Mutter
Rz. 116
Die alleinige elterliche Sorge der Mutter muss auf § 1626 Abs. 3 BGB beruhen, darf also nicht aus anderen Gründen gegeben sein. Liegt also beispielsweise eine gerichtliche Entscheidung vor, die die elterliche Sorge in welcher Weise auch immer bereits regelt, ist der Vater gehalten, ein Abänderungsverfahren zu betreiben, möchte er diese Regelung ändern. Die Voraussetzungen des Abänderungsverfahrens sind in § 1696 BGB geregelt. Neben die Kindeswohldienlichkeit müssen triftige Gründe für eine Abänderung treten und es genügt nicht, dass die angestrebte Regelung dem Kindeswohl entspricht. Zwar erwächst eine Entscheidung über die elterliche Sorge wegen der permanenten Änderung, die mit den Entwicklungen des Kindes oder den Geschehnissen des Lebens zusammenhängen, nicht in Rechtskraft, kann also jederzeit abgeändert werden. Trotzdem aber steht immer das Wohl des Kindes im Vordergrund. Liegt bereits eine gerichtliche Entscheidung vor, zwangsläufig mit den damit einhergehenden Anhörungen und Beteiligungen, muss Schutzzweck des Kindeswohls auch sein, Kontinuität für das Leben des Kindes zu gewährleisten. Das Kind soll stabile Lebensverhältnisse haben dürfen. Insofern sind die Voraussetzungen für eine Abänderung andere und strengere als diejenigen, die § 1671 Abs. 2 BGB vorsieht.
Rz. 117
Hinweis
Hat die Mutter die alleinige Sorge deshalb, weil ihre diese gemäß § 1671 Abs. 1 BGB durch gerichtliche Entscheidung übertragen worden ist, liegt bereits eine Entscheidung über die Sorgerechtssache vor.
Dann ist nur noch ein Abänderungsverfahren möglich.
cc) Einwilligung der Mutter
Rz. 118
Dem Antrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge ist stattzugeben, wenn die Mutter zustimmt, es sei denn, die Übertragung widerspricht dem Wohl des Kindes oder das Kind hat das 14. Lebensjahr vollendet und widerspricht der Übertragung, § 1671 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 BGB.
Rz. 119
Die Zustimmung der Mutter ist nicht formbedürftig. Deshalb kann die Erklärung bereits vor dem Verfahren schriftlich erklärt und dem Antrag des Vaters in der Anlage beigefügt werden. Möglich ist es aber auch, dass die Zustimmung mündlich während der nach § 160 FamFG durchzuführenden Anhörung abgegeben wird. In beiden Fällen ist die erteilte Zustimmung während des gerichtlichen Verfahrens bis zur letzten mündlichen Erörterung in der letzten Tatsacheninstanz jederzeit von der Mutter frei widerruflich. Die Mutter kann also noch in der Beschwerde die erstinstanzlich erteilte Zustimmung widerrufen. Nach Beendigung des Verfahrens bleibt ihr die Möglichkeit der Einleitung eines Abänderungsverfahrens.
Rz. 120
Das Gericht hat auch dann, wenn die Mutter die Zustimmung erteilt hat oder das Kind der Übertragung nicht widerspricht, zu prüfen, ob ...