Rz. 107
Die einmal begründete gemeinsame elterliche Sorge der nicht miteinander verheirateten Eltern für ein gemeinsames Kind erlischt nicht automatisch durch Trennung. Im Gegenteil besteht die gemeinsame Sorge weiter, wenn keine anderweitigen Maßnahmen veranlasst worden sind. Insofern herrscht die grundgesetzlich geforderte Gleichbehandlung von aus einer Ehe hervorgegangenen Kindern mit denjenigen, die außerehelich geboren sind. Trotzdem gibt es noch immer Unterschiede, zum Beispiel was die Geltendmachung von Kindesunterhalt angeht.
1. Unterhaltsansprüche
Rz. 108
Das Kind hat dieselben Unterhaltsansprüche gegen seine Eltern oder Elternteile wie ein Kind, das aus einer Ehe hervorgegangen ist. Sind Eltern miteinander verheiratet und trennen sich, regelt § 1629 BGB, wer für das gemeinsame Kind wie den Kindesunterhaltsanspruch geltend macht. Dort heißt es in Absatz 3:
Zitat
"Sind die Eltern des Kindes miteinander verheiratet oder besteht zwischen ihnen eine Lebenspartnerschaft, so kann ein Elternteil Unterhaltsansprüche des Kindes gegen den anderen Elternteil nur im eigenen Namen geltend machen so lange die Eltern getrennt leben oder eine Ehesache oder eine Partnerschaftssache zwischen ihnen anhängig ist."
Rz. 109
Es handelt sich hierbei um eine gesetzlich geregelte und zwingende Verfahrensstandschaft des Elternteils, in dessen Obhut das Kind lebt. Voraussetzung ist aber, dass die Eltern miteinander verheiratet waren bzw. eine eingetragene Lebenspartnerschaft besteht. Sind die Eltern hingegen nicht miteinander verheiratet, also im Falle einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, wird der Unterhaltsanspruch des Kindes immer im Namen des Kindes geltend gemacht. Vor dem Hintergrund, dass Schutzzweck der Verfahrensstandschaft sein soll, dem Kind Konflikte im Zusammenhang mit dem Scheidungsverfahren der Eltern zu ersparen, scheint das außerhalb einer Ehe geborene Kind benachteiligt. Denn wenn sich seine Eltern trennen, die zuvor in nichtehelicher Lebensgemeinschaft gemeinsam mit dem Kind ein intaktes Familienleben geführt haben, ist dieses Kind genau denselben emotionalen Konflikten ausgesetzt wie ein ehelich geborenes Kind. Denn ob die Eltern sich um z.B. Zugewinnausgleich oder "nur" um Vermögensauseinandersetzung im Sinne des Nebengüterrechts streiten, hat hierauf keinen Einfluss. Eine andere Frage kann aber die Dauer der Auseinandersetzung sein.
2. Übertragung der Alleinsorge
Rz. 110
Trennen sich die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, ändert allein diese Tatsache nicht den Bestand der elterlichen Sorge für ein gemeinsames Kind. Dabei ist egal, ob beide gemeinsam die elterliche Sorge inne hatten oder aber ob ausschließlich die Mutter Inhaberin der elterlichen Sorge war. Eine Änderung der bisherigen Situation kann nur durch gerichtliche Entscheidung herbeigeführt werden. Während bis 2012 der Vater eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes die elterliche Sorge nach Trennung von der Mutter nur mit deren Zustimmung erhalten konnte, besteht dieses Hindernis aktuell nicht mehr. Der Vater hat nun die Möglichkeit, auch gegen den Willen der Mutter die Alleinsorge zu erhalten.
a) § 1671 Abs. 1 BGB
Rz. 111
Leben Eltern nicht nur vorübergehend voneinander getrennt und steht ihnen die elterliche Sorge gemeinsam zu, kann jeder Elternteil beantragen, dass ihm das Familiengericht die elterliche Sorge oder einen Teil der elterlichen Sorge allein überträgt, § 1671 Abs. 1 S. 1 BGB. Voraussetzung für die Anwendbarkeit des Abs. 1 ist dem Wortlaut nach nicht, dass die Eltern miteinander verheiratet sind. Ein Antrag nach § 1671 Abs. 1 BGB ist also auch möglich, wenn die Eltern eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes die gemeinsame elterliche Sorge gemäß § 1626a Abs. 1 und 2 BGB haben und es nun um die Frage geht, ob ein Elternteil die elterliche Sorge auf sich allein übertragen lassen kann. Antragsberechtigt können beide Elternteile sein.
Rz. 112
Der Wortlaut des § 1671 Abs. 1 S. 1 BGB setzt eine "Trennung" der Eltern voraus. Was Trennung ist, definiert § 1567 BGB. Danach leben Ehegatten voneinander getrennt, wenn zwischen ihnen keine häusliche Gemeinschaft besteht und ein Ehegatte sie erkennbar nicht herstellen will, weil er die eheliche Lebensgemeinschaft ablehnt. Bei Eltern eines außerhalb einer Ehe geborenen Kindes bestand von vornherein keine Ehe, so dass der Wortlaut des § 1567 BGB nicht wörtlich anwendbar sein kann. Aber die Frage ist, ob die Eltern, die die gemeinsame Sorge für ihr Kind erlangt haben, also entweder eine gemeinsame Sorgeerklärung abgegeben haben oder das Familiengericht die gemeinsame Sorge übertragen hat, zwingend in Form einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft zusammen gewesen sein müssen. Denn dann würde beispielsweise einem Vater, der mit der Mutter des Kindes nicht liiert war, keine Möglichkeit haben, die alleinige Sorge gemäß § 1671 Abs. 1 BGB auf sich übertragen zu lassen, obwohl er zuvor Inhaber der gemeinsamen Sorge war. D...