Rz. 237

Unter Geltung des FGG wurde eine zu gerichtlichem Protokoll geschlossene Vereinbarung der Eltern[849] zum Umgang nicht als Verfügung im Sinn des § 33 Abs. 1 FGG angesehen.[850] Sie musste daher familiengerichtlich gesondert gebilligt werden,[851] – sogenannte Erhebung zum Be­­schluss –, um als Vollstreckungstitel zu gelten. Nach nunmehr geltender Gesetzeslage sind ­Elternvereinbarungen im Rahmen eines Umgangsrechtsverfahrens gemäß § 156 Abs. 2 FamFG der Form des gerichtlich gebilligten Vergleichs unterworfen.[852] Im Rahmen der nach § 156 Abs. 1 FamFG bestehenden Verpflichtung des Familiengerichts, auf ein Einvernehmen der Verfahrensbeteiligten hinzuwirken,[853] ist in Abs. 2 vorgesehen, dass bei erzieltem Einvernehmen zwischen den Verfahrensbeteiligten die von diesen getroffene Umgangsregelung als Vergleich aufzunehmen ist, wenn sie vom Gericht gebilligt wird. Die Billigung ist auszusprechen, wenn die Regelung dem Kindeswohl nicht widerspricht. § 156 Abs. 2 lehnt sich an § 52a Abs. 4 S. 3 FGG a.F. an und enthält die Legaldefinition des gerichtlich gebilligten Vergleichs. Dieser kann nach seinem eindeutigen Wortlaut nur über das Umgangsrecht und die Herausgabe eines Kindes geschlossen werden, weshalb eine bestehende Sorgerechtslage (vorbehaltlich der Möglichkeiten des § 1626a Abs. 1 BGB, siehe dazu § 1 Rdn 45 ff.) nicht auf diesem Wege, sondern nur nach Maßgabe der einschlägigen materiellrechtlichen Vorschriften durch Richterspruch modifiziert werden kann.[854] Ergeht trotzdem ein Genehmigungsbeschluss, so geht dieser ins Leere, da ihm die formale Grundlage eines wirksam geschlossenen gerichtlich gebilligten Vergleichs fehlt.[855]

Ebenso wie die gerichtliche Entscheidung selbst stellt auch der gerichtlich gebilligte Vergleich gem. § 86 Abs. 1 Nr. 2 FamFG einen Vollstreckungstitel dar. Zwar folgt aus § 36 Abs. 1 FamFG, dass die Verfahrensbeteiligten nur einen Vergleich schließen können, soweit sie dem Grunde nach überhaupt über den Gegenstand des Verfahrens verfügen können, wovon in den sogenannten nichtstreitigen Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit – insbesondere über das Umgangsrecht – nicht auszugehen ist. Dies gilt allerdings nicht, wenn das Gericht eine Einigung der Beteiligten billigt und diese so als eigene Entscheidung übernimmt. Zwingende Voraussetzung für eine solche Billigung einer Umgangsregelung ist nach § 156 Abs. 2 S. 2 FamFG jedoch, dass diese dem Kindeswohl nicht widerspricht.[856] Der gerichtlich gebilligte Vergleich kann auch unter der aufschiebenden Bedingung geschlossen werden, dass einem Elternteil das Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen wird.[857] Das trägt den Bedürfnissen der Praxis zutreffend Rechnung.

 

Rz. 238

Kann im ersten Termin eine Teileinigung der Eltern erreicht werden, so spricht nichts gegen den Abschluss eines Teilvergleichs.[858] Dieser unterliegt denselben formalen Anforderungen wie ein umfassender gerichtlich gebilligter Vergleich, führt aber nicht zur Beendigung des Verfahrens. Das Gericht kann – und sollte – in diesem Fall vorab über die gerichtliche Billigung des Teilvergleichs nach Maßgabe von § 156 Abs. 2 FamFG entscheiden und die Folgenankündigung nach § 89 Abs. 2 FamFG vornehmen. Dann kann diese Interimsregelung bis zur endgültigen Entscheidung ggf. vollstreckt werden. Dies macht den Erlass einer einstweiligen Anordnung für die Zwischenzeit (§ 156 Abs. 3 FamFG) entbehrlich und trägt der Elternautonomie besser Rechnung. Bei Entscheidungsreife des gesamten Verfahrens hat das Gericht dann – unter Einbeziehung und Beachtung des Teilvergleichs – eine umfassende Entscheidung zu treffen. Eine andere Vorgehensweise hätte die – sehr ungünstige – Schaffung zweier Titel zur Folge. Rechtlich bestehen gegen die Schaffung eines einheitlichen Titels keine Bedenken, da der Teilvergleich das Verfahren nicht – auch nicht teilweise – abschließt. Will das Gericht allerdings im Rahmen der Endentscheidung vom gerichtlich gebilligten Teilvergleich abweichen, muss es den Maßstab des § 1696 Abs. 1 BGB beachten.

 

Rz. 239

Zu beachten ist das Formerfordernis, das mit einem Vergleich einhergeht. Wurde der gerichtlich gebilligte Vergleich entgegen § 36 Abs. 2 S. 2 FamFG i.V.m. § 162 Abs. 1, 160 Abs. 3 Nr. 1 ZPO nicht vorgelesen und genehmigt, ist er nicht wirksam geworden; eine Heilung tritt auch nicht durch die Billigung des Gerichts ein;[859] denn diese setzt gerade – zumal in Ansehung des wegen § 156 Abs. 2 S. 2 FamFG nur noch eingeschränkten Prüfungsmaßstabes des Gerichts – einen formal wirksamen Vergleich voraus.

 

Rz. 240

Der gerichtlich gebilligte Vergleich bedarf sodann der Zustimmung aller am Verfahren formell Beteiligter.[860] Treffen die Eltern einvernehmlich eine Umgangsregelung für ein unter 14 Jahre altes Kind, so ist in ihrer Einigung konkludent die – erforderliche[861] – Zustimmung des ebenfalls verfahrensbeteiligten (vgl. dazu § 1 Rdn 425Kindes[862] enthalten.[863] Ein nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG selbst verfahrensfähiges Kind (vgl. dazu § 1 Rdn 425) muss hingeg...

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