Rz. 60

Gemäß B 2.4 AKB 2015 kann die vorläufige Deckung auch rückwirkend beendet werden, wenn der Versicherungsschein nicht innerhalb von zwei Wochen eingelöst wird. An die rückwirkende Leistungsfreiheit des Versicherers werden strenge Voraussetzungen geknüpft:

die Erstprämie muss verspätet gezahlt worden sein;
den Versicherungsnehmer trifft bei der verspäteten oder unterbliebenen Zahlung der Erstprämie ein Verschulden;
der Versicherungsnehmer ist ausdrücklich und schriftlich bei Anforderung der Erstprämie über die Rechtsfolgen der verspätete Zahlung belehrt worden (§ 9 S. 2 KfzPflVV);
die Belehrung muss gemäß § 52 Abs. 1 S. 2 VVG durch einen auffälligen Hinweis oder durch gesonderte Mitteilung in Textform erfolgen.[25]
 

Rz. 61

Fehlt die Belehrung oder ist sie mangelhaft, entfällt die vorläufige Deckungszusage auch nicht bei unterlassener oder verspäteter Prämienzahlung.[26] Der Versicherer ist dann in vollem Umfang leistungspflichtig und hat keinen Regressanspruch.

 

Rz. 62

Der Versicherer muss die Voraussetzungen für den rückwirkenden Wegfall der Deckung beweisen.[27] Zur Beweispflicht gehört insbesondere, dass der Versicherer den Zugang der Prämienanforderung und dessen Zeitpunkt nachweist. Es gelten nicht die Regeln des Anscheinsbeweises dahingehend, dass Postsendungen den Empfänger innerhalb einer bestimmten Zeit auch erreichen.[28]

 

Rz. 63

Der Versicherungsnehmer kann sich darauf beschränken, den Zugang der Zahlungsaufforderung mit Nichtwissen zu bestreiten.[29] Es muss außerdem die Erstprämie ordnungsgemäß "auf Heller und Pfennig" berechnet und angefordert werden, aufgeschlüsselt nach den einzelnen Sparten (Haftpflichtversicherung, Fahrzeugversicherung, Unfallversicherung, Autoschutzbrief), ansonsten liegt keine ordnungsgemäße Prämienanforderung vor.[30]

 

Beratungshinweis

Beruft sich der Versicherer auf rückwirkenden Wegfall des Versicherungsschutzes, empfiehlt es sich,

den Zugang der Zahlungsaufforderung zu bestreiten;
die ordnungsgemäße Berechnung der Prämie zu bestreiten;
mit eventuellen Gegenforderungen aufzurechnen.
[25] Stiefel/Maier, AKB B.2 Rn 14 m.w.N.
[26] Römer/Langheid/Rixecker, § 52 VVG Rn 7.
[27] BGH VersR 1996, 454.
[28] BGH VersR 1986, 445; OLG Hamm VersR 1996, 1408; OLG Stuttgart, 7 U 78/14, MDR 2015, 1232 = r+s 2015, 540.
[29] OLG Hamm VersR 1996, 1408.
[30] OLG Hamm VersR 1991, 221; OLG Hamm r+s 1998, 99; OLG Köln r+s 1993, 128.

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