Rz. 69

Durch die Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes vom 15.7.1999 wurde erstmalig der Staatsangehörigkeitserwerb durch Geburt im Inland (ius soli) in das deutsche Staatsangehörigkeitsrecht eingeführt. Gemäß § 4 Abs. 3 StAG erwirbt ein Kind von Eltern, von denen kein Teil die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, die deutsche Staatsangehörigkeit, wenn es im Inland geboren wird und zumindest ein Elternteil sich seit mindestens acht Jahren legal im Inland aufhält (gewöhnlicher Aufenthalt), wobei er einen entsprechenden Aufenthaltstitel in Form der unbefristeten Aufenthaltsberechtigung, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Aufenthaltserlaubnis-EG vorweisen muss (Letztere erhalten die Staatsanghörigen eines EU-Mitgliedstaates bzw. EWR-Mitgliedstaates, ungeachtet ihres schon durch das Unionsrecht gewährleisteten materiellen Aufenthaltsrechts). Da diese Kinder in der Praxis nahezu ausnahmslos bereits die Staatsangehörigkeit(en) ihrer Eltern erwerben, wird durch diese Maßnahme gezielt die Mehrstaatigkeit in Deutschland lebender Ausländer gefördert.[108]

 

Rz. 70

Freilich wird die deutsche Staatsangehörigkeit nur "provisorisch" verliehen. Der Betroffene muss nach Erreichen der Volljährigkeit und bis zur Vollendung des 23. Lebensjahres erklären, ob er die deutsche oder die ausländische Staatsangehörigkeit aufgeben will. Weist er den Verlust der ausländischen Staatsangehörigkeit nicht bis zum angegebenen Termin nach, so geht die deutsche Staatsangehörigkeit automatisch verloren (§ 29 Abs. 3 S. 1 StAG). Folge ist, dass in allen Rechtsverhältnissen, bei denen das maßgebliche Recht an die Staatsangehörigkeit angeknüpft wird, ein Statutenwechsel eintritt.

 

Rz. 71

Hinweis: Eine Streichung von Art. 5 Abs. 1 S. 2 EGBGB (siehe Rdn 83)[109] dürfte in den meisten Fällen zu keiner Lösung führen: Da die betroffenen Personen in Deutschland nicht nur geboren, sondern auch aufgewachsen sind, wäre die deutsche Staatsangehörigkeit dann als "effektive Staatsangehörigkeit" über Art. 5 Abs. 1 S. 1 EGBGB maßgeblich.

[108] Dies betont Schulz, NJW 2000, 490.
[109] So der Vorschlag von Schulz, NJW 2000, 491.

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