Rz. 329
Gem. Nr. 2301 VV RVG reduziert sich die Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG auf den Gebührensatz von 0,3, wenn sich der Auftrag auf ein Schreiben einfacher Art beschränkt. Die Anm. zu 2301 VV RVG definiert, was unter einem Schreiben einfacher Art zu verstehen ist, nämlich, dass es weder schwierige rechtliche Ausführungen noch größere sachliche Auseinandersetzungen enthält.
Bereits die ersten zwei Worte des Gesetzestextes machen deutlich, dass sich die Beschränkung der Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG von einer 0,5–2,5-Gebühr auf eine 0,3-Gebühr nach Nr. 2301 VV RVG nach dem vom Mandanten erteilten Auftrag richtet.
Im Rahmen der Nr. 2301 VV RVG will der Mandant lediglich, dass der Rechtsdienstleister ein Schreiben fertigt und der Auftraggeber, sofern die Angelegenheit dann noch nicht beendet ist, weitere Schritte selbst einleitet. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Mandant seine Mahnung an seinen ehemaligen Kunden nicht zustellen kann, da dieser umgezogen ist. Er bittet den Rechtsdienstleister für ihn die Einwohnermeldeamtsanfrage zu stellen. Nach Mitteilung der neuen Adresse durch die Meldebehörde versendet der Auftraggeber seine Mahnung und der Rechtsdienstleister wird nicht weiter tätig. Gleiches gilt, wenn der Rechtsdienstleister mit der Versendung einer einfachen Mahnung ohne Schlüssigkeits- oder Rechtsprüfung beauftragt wird und dies ausführt. Meldet sich der Schuldner sodann, ist die Reaktionsbearbeitung vom Auftrag nicht mehr umfasst.
Rz. 330
Wurde zunächst der Auftrag für ein einfaches Schreiben erteilt, weil der Mandant davon ausging, dass die Sache mit einem Schreiben erledigt ist und muss dann aber doch eine außergerichtliche Vertretungstätigkeit des RA wegen der gleichen Angelegenheit erfolgen, erhält der RA die Gebühr für das einfache Schreiben gem. Nr. 2301 i.V.m. Nr. 2300 VV RVG nicht zusätzlich zu der nach Erweiterung des Auftrages entstandenen Gebühr gem. Nr. 2300 VV RVG. Gemäß § 15 Abs. 5 RVG erhält der RA bei Beauftragung einer weiteren Tätigkeit in derselben Angelegenheit nicht mehr an Gebühren, als er erhalten würde, wenn er von vornherein mit dem erweiterten Auftrag befasst gewesen wäre.
Rz. 331
Werden mehrere Schreiben einfacher Art auftragsgemäß gefertigt, stellt sich die Frage, ob der Rechtsdienstleister für diese Tätigkeiten dann noch immer die Beschränkung der Geschäftsgebühr i.S.v. Nr. 2301 VV RVG zu berücksichtigen hat oder nicht. Die Beantwortung dieser Frage ist in Literatur ist umstritten. Die überwiegende Meinung wird geteilt, wonach der Auftrag mit dem ersten Schreiben endet und ein oder mehrere weitere Schreiben einen neuen Auftrag begründen. Diese Auffassung wird von dem Wortlaut des Gesetzestextes gestützt, da sich dort die Beschränkung auf ein Schreiben einfacher Art bezieht. Fertigt der Rechtsdienstleister in der Angelegenheit auftragsgemäß mehrere Schreiben, ist Nr. 2300 VV RVG anzuwenden.
Rz. 332
Gemäß Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG ist die entstandene Geschäftsgebühr nach Teil 2 des VV RVG zur Hälfte, höchstens mit einem Gebührensatz von 0,75, auf die von ihm zu berechnende Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen, wenn sich die außergerichtliche und gerichtliche Tätigkeit auf denselben Gegenstand bezieht. Indem sich der Gesetzgeber auf die Geschäftsgebühren des Teil 2 bezieht, stellt er die Anrechnungsvorschrift auch auf die Geschäftsgebühr i.S.d. Schreibens einfacher Art gem. Nr. 2301 VV RVG ab. Diese Verpflichtung zur Anrechnung ergibt sich aber auch schon aus der Tatsache, dass 2301 VV RVG keine eigenständige Gebühr ist, sondern lediglich eine Beschränkungsregelung der Gebühr gem. Nr. 2300 VV RVG vorsieht.
Rz. 333
Der Höhe nach ist die Anrechnung zur Hälfte der Gebühr gem. Nr. 2301 VV RVG i.V.m. Nr. 2300 VV RVG (0,3), mithin in Höhe eines Satzes von 0,15 vorzunehmen. Die Kappungsgrenze des höchsten Anrechnungssatzes von 0,75 wird nur dann überschritten, wenn der RA mindestens sechs Auftraggeber vertritt. Es ermitteln sich bei sechs Auftraggebern einmal 0,3 für die Gebühr gem. Nr. 2301 VV RVG und fünfmal 0,3 für fünf weitere Auftraggeber gem. Nr. 1008 VV RVG, so dass insgesamt 6 × 0,3 = 1,8 entstehen. Geteilt durch zwei errechnet sich ein Satz von 0,9, mithin höher als die Kappungsgrenze von 0,75.
Rz. 334
Wenn die Mindestgebühr gem. § 13 Abs. 3 RVG in Höhe von 15 EUR greift, passt der anzurechnende hälftige Gebührensatz mit dem hälftigen Gebührenbetrag nicht mehr zusammen. Bei einem Wert bis 500 EUR ergibt sich eine 0,3-Gebühr von zunächst 14,70 EUR und unter Anwendung der Mindestgebühr 15 EUR. Eine hälftige Gebühr gem. Nr. 2301 VV RVG von 0,15 aus dem Wert bis 500,00 EUR beläuft sich auf 7,35 EUR. Die Hälfte des Mindestbetrages beträgt dagegen aber 7,50 EUR. Nach der Vorbem. 3 Abs. 4 VV RVG ist die Geschäftsgebühr zur Hälfte anzurechnen, was dafürspricht, dass der Betrag zu teilen ist. In der gleichen Vorschrift wird aber in Bezug auf die Kappungsgrenze der Anrechnung der Satz von 0,75 genannt, was für ein Teilen des Gebührensatzes spricht. Di...