Dipl.-Kfm. Michael Scherer
Rz. 5
In dem ersten Abschnitt des Paragrafenteils des RVG werden Sie außer dem Geltungsbereich des Gesetzes insbesondere Regelungen über Vergütungsvereinbarungen, über Besonderheiten bei der Beauftragung mehrerer Rechtsanwälte oder beim Vorhandensein mehrerer Auftraggeber, über Honorarvorschüsse, über Fälligkeit und Verjährung der Vergütung, über den notwendigen Inhalt von Vergütungsrechnungen und über das Vergütungsfestsetzungsverfahren vorfinden.
Die einzelnen Paragrafen dieses Abschnitts werden in den folgenden Kapiteln nur insoweit vorgestellt, wie sie nicht in späteren speziellen Kapiteln behandelt werden.
I. Der Geltungsbereich des RVG (§ 1 RVG)
Rz. 6
Rechtsanwälte und Rechtsanwältinnen erhalten für ihre Tätigkeit eine Vergütung, die sich aus Gebühren und dem Ersatz ihrer Auslagen zusammensetzt. Diese Vergütung wird nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) berechnet, wie sich aus dessen § 1 Abs. 1 ergibt.
Auf Tätigkeiten, die auch andere Personen als ein Rechtsanwalt übernehmen können, findet das RVG keine Anwendung: z. B. Tätigkeiten des RA als Vormund, Betreuer, Testamentsvollstrecker, Treuhänder, Insolvenzverwalter, Nachlassverwalter usw. (§ 1 Abs. 2 RVG).
II. Die Höhe der Vergütung (§ 2 RVG)
Rz. 7
Die Gebühren des Rechtsanwalts werden häufig nach dem Gegenstandswert berechnet, um den es in der betreffenden Angelegenheit geht (§ 2 Abs. 1 RVG). Man spricht hier auch von Wertgebühren. Siehe auch Rdn 105 ff.
Nun gibt es auch viele Angelegenheiten, in denen es um keinen in Geld bestimmbaren Wert geht. In diesen Fällen werden die Gebühren im RVG unabhängig von einem Gegenstandswert gesetzlich vorgeschrieben. Es handelt sich hierbei insbesondere um strafrechtliche Angelegenheiten und um Ordnungswidrigkeiten.
Rz. 8
Die Höhe der Gebühren ist für jeden einzelnen Gebührentatbestand in dem als Anlage 1 zum RVG abgedruckten Vergütungsverzeichnis vorgeschrieben. In diesem Verzeichnis finden Sie jeweils unter einer vierstelligen Nummer zu jedem Gebührentatbestand entweder den Gebührensatz bei Wertgebühren oder die Höhe der Gebühr in Euro bei den anderen Gebühren. Bei den Rahmengebühren ist bei Satzrahmengebühren ein Gebührensatzrahmen (z. B. von 0,5 bis 2,5) und bei Betragsrahmengebühren ein Betragsrahmen (z. B. von 44,00 EUR bis 396,00 EUR) angegeben.
Weiterhin regelt das Vergütungsverzeichnis auch die am häufigsten vorkommenden Auslagen des Rechtsanwalts.
Rz. 9
In § 2 Abs. 2 RVG wird auch auf die übliche Rundungsregel hingewiesen: Geldbeträge werden auf drei Stellen nach dem Komma berechnet und dann auf zwei Stellen nach dem Komma gerundet; dabei wird aufgerundet wenn die dritte Nachkommastelle 0,5 Cent oder mehr beträgt, ansonsten wird abgerundet.
III. Die Vereinbarung der Vergütung (§§ 3a ff. RVG)
1. Die schriftliche Vergütungsvereinbarung
Rz. 10
Ein RA ist nicht verpflichtet, die Vertretung eines Mandanten zu übernehmen, im Gegensatz zum Notar, der seine Urkundstätigkeit gemäß § 15 BNotO nicht ohne ausreichenden Grund verweigern darf. Wenn der RA über die Annahme eines Auftrages frei entscheiden kann, dann steht ihm auch frei, es abzulehnen, zu den gesetzlichen Gebühren tätig zu werden. Daher darf der RA die Übernahme eines Auftrages davon abhängig machen, dass der Auftraggeber ihm eine höhere als die gesetzlich vorgeschriebene Vergütung gewährt. Selbstverständlich muss der RA erst einmal einen Auftraggeber finden, der dazu auch bereit ist. Eine niedrigere als die vom RVG vorgesehene Vergütung darf der RA allerdings nach § 49b Abs. 1 S. 1 Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) prinzipiell nicht verlangen. Ausnahmen von diesem Verbot regelt § 4 RVG.
Grundsätzlich kann also der RA nur eine höhere als die gesetzliche Vergütung fordern und mit seinem Auftraggeber vereinbaren. Allerdings gibt es eine Ausnahme zu § 49b Abs. 1 S. 1 BRAO in § 4 Abs. 1 RVG, wonach der RA nur in außergerichtlichen Angelegenheiten eine niedrigere als die gesetzliche Vergütung vereinbaren darf, also z. B. bei außergerichtlicher Vertretung (Geschäftsgebühr, Nr. 2300 VV RVG). Jedoch muss dann die vereinbarte niedrigere Gebühr in einem angemessenen Verhältnis zur Leistung, Verantwortung und zum Haftungsrisiko des RA stehen. Dies gilt nicht bei Inkassodienstleistungen, da hier der RA sogar ganz auf eine Vergütung verzichten kann.
Rz. 11
Die Vereinbarung eines Erfolgshonorars ist gemäß § 49b Abs. 2 BRAO grundsätzlich unzulässig (zu den Ausnahmen siehe aber Rdn 26 ff.). Eine Vergütungsvereinbarung wird auch als Honorarvereinbarung bezeichnet, jedoch ist Vergütungsvereinbarung der gesetzlich definierte Begriff.
Rz. 12
Vergütungsvereinbarungen sind für alle anwaltlichen Tätigkeiten zulässig, mit Ausnahme der Tätigkeiten, die ein im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneter RA ausübt, denn § 3a Abs. 4 RVG ordnet an, dass in diesem Fall eine Vereinbarung über eine höhere als die gesetzliche Vergütung nach § 13 RVG nichtig ist. Eine die gesetzliche Vergütung nicht übersteigende Vereinbarung wäre zwar zulässig, aber nach § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht wirksam, solange die Prozesskostenhilfe bewilligt und nicht aufgehoben ist.
Rz. 13
Hinweis:
Da in § 34 Abs. 1 RVG für Anwaltstätigkeiten wie Beratung, Erstellung von schriftlichen Gutac...