Rz. 69
Sofern Zeithonorare betroffen sind, sollte der Multiplikationsfaktor, der sich aus einem Vergleich von gesetzlichen und vereinbarten Gebühren ergibt, nicht mehr berücksichtigt werden. Vielmehr muss auf die Angemessenheit der Honorarformel im konkreten Fall sowie auf die Angemessenheit des ausgehandelten Stundensatzes und der Bearbeitungszeit abgestellt werden. Entscheidend ist, dass die Vereinbarung eines Stundenhonorars für das konkrete Mandat als sachgerecht empfunden wird, die Stunden in einem angemessenen Verhältnis zu Umfang und Schwierigkeit des Sache stehen, sofern die geltend gemachten Stunden hinreichend dargelegt worden sind und der vereinbarte Stundensatz angemessen ist. Der angemessene Stundensatz kann, je nach Kenntnis des Anwalts und Dringlichkeit des Mandats, zwischen 250 und 1.000 EUR betragen, wobei es auf die konkreten Umstände des Einzelfalls ankommt, insbesondere darauf, ob der Mandant einen Spezialisten oder einen unerfahrenen Anwalt beauftragt. Entsprechend hat der Bundesgerichtshof die Anforderungen an die Prüfung der Angemessenheit bei einem Zeithonorar im Hinblick auf § 3 Abs. 3 BRAGO a.F. konkretisiert:
Zitat
Folglich ist nicht darauf abzustellen, welches Honorar im gegebenen Fall als angemessen zu erachten ist, sondern darauf, ob die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung nach Sachlage als unangemessen hoch einzustufen ist. Ein vereinbartes Honorar kann nicht mehr "angemessen" sein, ohne den Tatbestand des § 3 Abs. 3 BRAGO zu erfüllen. Für eine Herabsetzung ist danach nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten. Es muss demnach ein krasses, evidentes Missverhältnis zwischen der anwaltlichen Leistung und ihrer Vergütung gegeben sein.
(…)
Schaltet der Mandant hingegen einen Spezialisten ein, darf er grundsätzlich davon ausgehen, dass der Rechtsanwalt die Sache innerhalb eines üblichen Zeitrahmens, ohne sich in der Erörterung rechtlicher Selbstverständlichkeiten oder für den Streitfall von vornherein unerheblicher Rechtsfragen zu verlieren, erledigt. Freilich ist auch bei der Beauftragung eines Spezialisten zu berücksichtigen, ob es sich um eine "Routineangelegenheit" oder – was hier näherliegt – um einen besonders gelagerten, vielschichtigen Einzelfall handelt, für den, weil er sich einer zeitlichen Eingrenzung entzieht, keine im einzelnen konkretisierbaren Bearbeitungszeiten gelten können. Die danach erforderliche Prüfung obliegt in erster Linie den Tatgerichten.