Florian Enzensberger, Maximilian Maar
Rz. 141
Der Beschwerte haftet so, wie wenn er während der Schwebezeit das von einer Bedingung abhängige Vermächtnis schuldhaft beeinträchtigt hat oder treuwidrig den Eintritt der Bedingung vereitelt hat. § 161 BGB, der die Unwirksamkeit von Verfügungen während der Schwebezeit regelt, ist nicht anwendbar. Dies ergibt sich daraus, dass die Zuwendung eines Vermächtnisses keine Verfügung im Sinne des in dieser Vorschrift vorausgesetzten Verfügungsbegriffs ist, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch begründet. Eine Verfügung des Erben wird deshalb auch mit dem Anfall des Vermächtnisses nicht unwirksam. Als Vollerbe kann er frei über die Nachlassgegenstände verfügen.
Allerdings kann der Vermächtnisnehmer von dem beschwerten Erben Schadenersatz verlangen, wenn seine Rechte während der Schwebezeit durch Verschulden des Beschwerten ganz oder teilweise beeinträchtigt wurden. Der beschwerte Erbe haftet für jede Art des Verschuldens, für Vorsatz und jede Art der Fahrlässigkeit. Dem Erblasser steht es jedoch frei, den Haftungsmaßstab zu reduzieren. Von einer Haftung wegen Vorsatzes kann der Beschwerte jedoch nicht befreit werden.
Sofern das Vermächtnis durch einen Dritten ganz oder teilweise beeinträchtigt wird, greift § 160 BGB nicht. § 285 BGB gehört zu den nach § 2179 BGB anwendbaren Vorschriften. Verlangt allerdings der Erblasser noch vor dem Erbfall selbst das Surrogat, ergibt sich ein Anspruch des Bedachten nicht aus den §§ 285, 2179 BGB, sondern den §§ 2164 Abs. 2, 2169 Abs. 3 BGB.
Diese Schadenersatzpflicht ist häufig durch den Erblasser nicht gewünscht bzw. nur dann erwünscht, wenn die ausgeschlossenen Personen ohne die Anordnung des Vermächtnisses an der Erbschaft partizipieren würden. Dem Erblasser steht die Möglichkeit offen, das Vermächtnis unter der aufschiebenden Bedingung anzuordnen, dass die ausgeschlossenen Personen entweder im Wege der Erbfolge oder aber über das Pflichtteilsrecht an dem Nachlass des Erblassers teilhaben. Es kann für diesen Fall nicht zu einer Schadenersatzpflicht kommen, wenn die Teilhabe bereits aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.
Rz. 142
Eine weitere denkbare Variante die Schadenersatzpflicht auszuschließen bestünde darin, dass der Erblasser nur diejenigen Gegenstände dem Vermächtnis unterwirft, die sich beim Anfall des Vermächtnisses noch nachweislich im Vermögen des beschwerten Erben befinden. Dieses so genannte "Überrestvermächtnis" wird von der herrschenden Meinung als grundsätzlich zulässig erachtet. Teilweise wird jedoch empfohlen, vor dem Hintergrund des Grundsatzes der Höchstpersönlichkeit letztwilliger Verfügungen (§ 2065 BGB) das Nachvermächtnis sicherheitshalber entweder als Zweckvermächtnis i.S.d. § 2156 BGB oder durch eine Bedingung mit Ersatzgegenstandsbestimmung weiter auszugestalten.