Rz. 3

 

Beachte

Erst ab dem 1.7.2022 wird mit seinem Inkrafttreten die Regelung des § 312k BGB (vorstehend: § 1 Rdn 24) die Kündigung von Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr regeln. Ab dem 28.5.2022 gilt dann eine Regelung mit gleicher Denomination – nämlich § 312k BGB –, die die allgemeinen Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen normiert, der ab dem 1.7.2022 dann zu § 312l BGB umnummeriert wird (so Art. 1 Nr. 6 Gesetz über faire Verbraucherverträge).

§ 312k BGB (Abweichende Vereinbarungen und Beweislastumkehr) wird ab dem 28.5.2022 zunächst mit redaktionellen Folgeänderungen infolge der Umsetzung der ModRL zu § 312l BGB und ab dem 1.7.2022 zu § 312m BGB (so Art. 1 Nr. 6 Gesetz über faire Verbraucherverträge).

Vorbemerkung: Fortan sollen die Allgemeinen Informationspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen – in Abgrenzung zur Kündigung von im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossenen Verträgen durch den Kündigungsbutton in § 312k BGB (vorstehend: § 1 Rdn 23 ff.) – bereits als § 312l BGB firmieren.

 

Rz. 4

Der Betreiber eines Online-Marktplatzes (vgl. zur Legaldefinition § 312l Abs. 4 BGB, nachstehende Rdn 6) ist nach § 312l Abs. 1 BGB mit dem Ziel der Schaffung einer größeren Transparenz für Verbraucher, die auf Online-Marktplätzen Verträge schließen, und einer Erhöhung des Verbraucherschutzniveaus[4] verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246d EGBGB (allgemeine Informationspflicht für Betreiber von Online-Marktplätzen, dazu nachstehende Rdn 30 ff.) zu informieren.

 

Beachte

Ein Verstoß des Betreibers eines Online-Marktplatzes gegen die Informationspflichten nach § 312l Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 246d EGBGB kann eine nach Maßgabe von Art. 246e § 1 Abs. 2 Nr. 10 EGBGB verbotene Verletzung von Verbraucherinteressen im Zusammenhang mit Verbraucherverträgen begründen, die gemäß Art. 246e § 2 Abs. 2 EGBGB bußgeldbewehrt (bis zu 50.000 EUR bzw. 4 % des Vorjahresumsatzes) ist.

[4] RegE, BT-Drucks. 19/27655, S. 28 – zu Nr. 6.

1. Ausnahme: Finanzdienstleistungen

 

Rz. 5

Dies – d.h. die in § 312l Abs. 1 BGB statuierte Informationsverpflichtung – gilt gemäß § 312l Abs. 2 BGB nicht, soweit auf dem Online-Marktplatz Verträge über Finanzdienstleistungen i.S.v. § 312 Abs. 5 Satz 1 BGB[5] angeboten werden.[6] Der Gesetzgeber[7] erachtet dies als sachgerecht, da für spezifische Finanzdienstleistungen zum Teil eigene – d.h. von Art. 246 EGBGB abweichende – Informationspflichten in Umsetzung von vollharmoniertem Unionsrecht bestehen.

[5] Finanzdienstleistungen sind nach der Legaldefinition des § 312 Abs. 5 Satz 1 BGB "Bankdienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung". Dazu näher NK-BGB/Ring, § 312 Rn 74 ff.
[6] Dazu näher HK-BGB/Schulte-Nölke, § 312l Rn 1.
[7] RegE, BT-Drucks. 19/27655, S. 28 – zu Nr. 6: "Die Ausnahme widerspricht auch nicht den Vorgaben des neu eingefügten Artikels 6a der Verbraucherrechterichtlinie, da die Verbraucherrechterichtlinie gemäß Artikel 3 Absatz 3 Buchstabe d nicht für Verträge für Finanzdienstleistungen gilt".

2. Legaldefinition Online-Marktplatz

 

Rz. 6

Online-Marktplatz ist nach der Legaldefinition des § 312l Abs. 3 BGB in Umsetzung von Art. 4 Nr. 1 Buchst. e ModRL (wie sie als Nr. 17 in Art. 2 VerbrRRL aufgenommen wurde) – ähnlich wie in der VO (EU) Nr. 542/2013 über Online-Streitbeilegung in Verbraucherstreitangelegenheiten und der Richtlinie (EU) 2016/1148 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6.7.2016 über Maßnahmen zur Gewährleistung eines hohen Sicherheitsniveaus von Netz- und Informationssystemen in der Union (jedoch zur Erfassung neuer Technologien aktualisiert und technologisch neutraler formuliert) – ein Dienst, der es Verbrauchern ermöglicht, durch die Verwendung von

Software, die vom Unternehmer oder im Namen des Unternehmers betrieben wird, einschließlich
einer Webseite,
eines Teils einer Webseite oder
einer Anwendung,

Fernabsatzverträge i.S.v. § 312c Abs. 1 BGB[8] – ohne Rücksicht auf die Art des Fernabsatzvertrages (mit Ausnahme solcher über Finanzdienstleistungen, vgl. § 312l Abs. 2 i.V.m. § 312 Abs. 5 Satz 1 BGB, vorstehende Rdn 5) – mit anderen Unternehmern oder Verbrauchern abzuschließen. Es handelt sich dabei also um einen virtuellen Marktraum, "in dem Verbraucher mit Unternehmern oder mit anderen Verbrauchern unter Verwendung einer Software des Betreibers des Online-Marktplatzes Fernabsatzverträge abschließen können".[9]

Online-Marktplätze sind bspw. eBay oder Amazon.[10]

 

Beachte

Der Abschluss von Verträgen über den Verkauf beweglicher Sachen auf Plattformen im Internet aufgrund von

Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder
anderer gerichtlicher Maßnahmen

führt allerdings nicht zur Annahme eines Online-Marktplatzes, da die Anbieter im Rahmen hoheitlicher Befugnisse handeln, wodurch kein Abschluss eines Fernabsatzvertrages in Rede steht.[11]

 

Rz. 7

Die Begrifflichkeiten "Online-Marktplatz" und "Software" sollen wegen des Transparenzziels "möglichst weit verstanden" werden.[12]

Ein Online-Marktplatz liegt sowoh...

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