Rz. 381
Sofern die Einkünfte des Unterhaltsschuldner aus einer vollschichtigen Tätigkeit nicht ausreichen ohne Beeinträchtigung des notwendigen Selbstbehalts den Mindestunterhalt für den bzw. die Unterhaltsgläubiger aufzubringen, kann ihm zugemutet werden im Rahmen seiner Verpflichtung zur gesteigerten Ausnutzung seiner Arbeitskraft durch die Aufnahme einer Nebenerwerbstätigkeit zusätzliches Einkommen zu generieren.
Rz. 382
Grundsätzlich neigen die Oberlandesgerichte dazu eine sehr weitgehende Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Aufnahme einer Nebentätigkeit im Rahmen der gesteigerten Erwerbsobliegenheit anzunehmen. Allerdings sind nach Auffassung des BVerfG die arbeitszeitrechtlichen Einschränkungen zu beachten. Daher besteht für einen barunterhaltspflichtigen Elternteil, der nicht in Höhe des Mindestunterhalts leistungsfähig ist, keine Obliegenheit zur Ausübung einer Nebentätigkeit, wenn er ausbildungsgerecht in Vollzeit arbeitet, hohen Zeitaufwand für den Arbeitsweg hat und sein Umgangsrecht regelmäßig wahrnehmen möchte.
Rz. 383
Praxistipp
Das Arbeitszeitgesetz fordert, dass die werktägliche Arbeitszeit von acht Stunden, an die sich eine elfstündige Ruhezeit anschließen muss und auch Sonntage sowie staatlich anerkannte Feiertage erfasst, nicht überschritten wird. In diese Vorgabe passt in zeitlicher Hinsicht eine Nebentätigkeit, allerdings nur, soweit die freie Zeit nicht für die vorrangige Ausübung des Umgangsrechts erforderlich ist.
Rz. 384
Außerdem darf die Haupterwerbstätigkeit des Unterhaltsschuldners nicht durch die Nebentätigkeit gefährdet werden. Insbesondere ist ein arbeitsvertragliches Verbot einer Nebentätigkeit in diesem Zusammenhang beachtlich.
Rz. 385
Praxistipp
Zum Teil wird die Verpflichtung des Unterhaltsschuldners zur Aufnahme einer Nebentätigkeit auch im Rahmen der verschärften Haftung gänzlich abgelehnt.
Rz. 386
Sofern nach den Vorgaben des BVerfG die Aufnahme einer Nebentätigkeit für den Unterhaltsschuldner überhaupt in Betracht kommt, muss geprüft werden, ob die Nebentätigkeit dem Unterhaltsschuldner im Hinblick auf seine individuellen Verhältnisse zugemutet werden kann.
Die Prüfung der Zumutbarkeit soll anhand Art und Schwere der Haupt- und Nebentätigkeit, der Belastungsgrenze des Unterhaltsschuldners, seines Alters, seines Gesundheitszustandes, seiner familiären Verpflichtungen u.Ä. erfolgen.
Rz. 387
Praxistipp
Hinsichtlich der Unzumutbarkeit einer Nebentätigkeit ist der Unterhaltsschuldner darlegungs- und beweisbelastet. Daher ist es seine Sache, zu den Prüfungspunkten im Rahmen der Zumutbarkeit vorzutragen und gegebenenfalls Beweis anzubieten.