Rz. 460
Die Übernahme der Haushaltsführung und Kinderbetreuung in der neuen Lebensgemeinschaft durch den Unterhaltsschuldner, der in der alten Lebensgemeinschaft durch sein Erwerbseinkommen den Familienunterhalt gesichert hat, führt zum Wegfall, jedenfalls aber zur Beschränkung der Leistungsfähigkeit.
Rz. 461
Die Frage, ob diese Entscheidung des Unterhaltsschuldners mit ihren Konsequenzen von den unterhaltsberechtigten minderjährigen und/oder volljährigen Kindern aus der alten Lebensgemeinschaft hingenommen werden muss, beurteilt sich anhand der "Hausmann"-Rechtsprechung des BGH und deren auf enge Ausnahmefälle begrenzten Maßstab.
Rz. 462
Es muss sich aufgrund der in der neuen Lebensgemeinschaft gewählten Rollenverteilung für diese ein solcher Vorteil ergeben, der den Verzicht auf die Wahl dieser Gestaltung unzumutbar macht. Diese Ausgestaltung der neuen Lebensgemeinschaft ist nur dann hinzunehmen, wenn sich das Familieneinkommen in der neuen Beziehung dadurch, dass der andere Partner erwerbstätig ist, wesentlich günstiger gestaltet, als dies bei einer Erwerbstätigkeit des Unterhaltsschuldners der Fall wäre. Man spricht dann von einem akzeptablen Rollenwechsel. Aber auch wenn die Rollenwahl des Unterhaltsschuldners zu billigen ist, muss er trotzdem zum Unterhalt der minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kinder aus der alten Lebensgemeinschaft beitragen.
Den Rollenwechsel des Unterhaltsschuldners rechtfertigende Gründe sind u.a. folgende:
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Günstigere Gestaltung des Familienunterhalts bei vertauschter Rollenverteilung. |
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Der haushaltsführende Unterhaltsschuldner setzt sein Taschengeld aus der neuen Lebensgemeinschaft sowie sonstige Einkünfte, z.B. das Elterngeld, zur Bedarfsdeckung ein. |
Rz. 463
Praxistipp
Nicht einzusetzen sind hingegen das für die neue Lebensgemeinschaft bestimmte Haushaltsgeld und das bedarfsdeckende Kindergeld für Kinder aus der neuen Lebensgemeinschaft.
Rz. 464
Reichen diese Einkünfte nicht aus, um den Unterhaltsbedarf der minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kinder aus der alten Lebensgemeinschaft zu decken, besteht für den Unterhaltsschuldner die Obliegenheit, die Haushaltsführung und Kinderbetreuung auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken, um zum Barunterhalt der Berechtigten aus der alten Lebensgemeinschaft beizutragen, sofern diese Obliegenheit ihn nicht unverhältnismäßig belastet.
Rz. 465
Praxistipp
Die Erwerbsobliegenheit des den Haushalt führenden Unterhaltsschuldners ergibt sich nicht aus der verschärften Leistungspflicht des § 1603 Abs. 2 Satz 1 und 2, sondern nach § 1603 Abs. 1 aus dem unterhaltsrechtlichen Gleichrang der minderjährigen bzw. privilegiert volljährigen Kinder aus allen Lebensgemeinschaften des Unterhaltsschuldners.
Rz. 466
Den haushaltsführenden barunterhaltspflichtigen Elternteil trifft gegenüber den minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kindern aus der alten Lebensgemeinschaft jedenfalls die Obliegenheit einer (Neben-)Erwerbstätigkeit nachzugehen, deren Einkünfte den Mindestunterhalt abdecken, wobei die Einkünfte jedoch zuerst auf den eigenen notwendigen Selbstbehalt – soweit dieser nicht durch den Unterhalt des neuen Lebenspartners gesichert ist – zu verwenden sind. Ist der neue Lebenspartner jedoch nicht in der Lage, den notwendigen Selbstbehalt des Unterhaltsschuldners zu decken, so ist dieser im Unterhaltsrechtsverhältnis zu den minderjährigen und/oder privilegiert volljährigen Kindern aus der alten Lebensgemeinschaft tatsächlich nicht leistungsfähig.