Rz. 563
Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, so können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, wenn auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird (§ 1612 Abs. 2 Satz 1). Steht das Sorgerecht einem Elternteil allein zu, kann grundsätzlich auch nur dieser allein die Entscheidung zum Unterhalt treffen. Für ein minderjähriges Kind kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist (§ 1612 Abs. 2 Satz 3).
Rz. 564
Bei der Ausübung des Bestimmungsrechts nach § 1612 Abs. 2 Satz 1 ist zu unterscheiden, ob die Eltern in intakter Ehe leben, und nach Trennung oder Scheidung, ob die Art der Gewährung des Unterhalts für ein minderjähriges oder für ein volljähriges Kind bestimmt werden soll. Das Bestimmungsrecht besteht nur gegenüber unverheirateten Kindern, weil bei verheirateten minderjährigen Kindern mit der Eheschließung das Sorgerecht eingeschränkt wird (§ 1633), und die §§ 1360 ff. bei volljährigen verheirateten Kindern vorrangig sind. Demzufolge steht den Eltern das Bestimmungsrecht auch nicht gegenüber einem geschiedenen Kind zu. Die durch den Unterhaltsschuldner ausgeübte Bestimmung gilt fort auch bei Überleitung des Anspruchs.
Rz. 565
Solange sich ein Kind im Haushalt seiner Eltern befindet, wird regelmäßig (konkludent) Naturalunterhalt – auch in der Form des Betreuungsunterhalts – geleistet. Der Anspruch auf Barunterhalt beschränkt sich auf ein Taschengeld. Insoweit bestimmen die gemeinsam sorgeberechtigten Eltern im Rahmen ihres Sorgerechts (meist konkludent) auch die Form, in der sie den geschuldeten Unterhalt gewähren wollen. Können sie sich insoweit nicht einigen, ist eine gerichtliche Regelung herbeizuführen.
Rz. 566
Lebt das Kind nicht im Haushalt seiner Eltern, sondern etwa im Internat/Heim, im eigenen Haushalt, in Familienpflege oder bei Dritten, wandelt sich der Anspruch auf Naturalunterhalt in einen Anspruch auf Barunterhalt, der nicht entfällt, wenn der Unterhalt nicht in der von den Eltern bestimmten Form erbracht werden kann.
Rz. 567
Leben die Eltern trotz gemeinsamer Sorge getrennt oder sind sie geschieden, übt derjenige Elternteil das Bestimmungsrecht aus, der das Kind in Obhut hat und es somit nach § 1629 Abs. 2 vertritt. Ist – bei gemeinsamer Sorge – (lediglich) das Aufenthaltsbestimmungsrecht geregelt, ist die Unterhaltsbestimmung eines (auch) sorgeberechtigten Elternteils unwirksam, wenn sie gegen die Aufenthaltsbestimmung durch denjenigen Elternteil verstößt, dem das vorrangige Aufenthaltsbestimmungsrecht zusteht.
Rz. 568
§ 1612 Abs. 2 Satz 3 ermächtigt den nicht sorgeberechtigten Elternteil grundsätzlich im Verhältnis zu dem alleinsorgeberechtigten anderen Elternteil nicht, das Bestimmungsrecht auszuüben. Hat der nicht sorgeberechtigte Elternteil das Kind allerdings mit Zustimmung des sorgeberechtigten Elternteils dauerhaft in seinen Haushalt aufgenommen, dann kann er die Art der Gewährung des Unterhalts für diejenige Zeit bestimmen, in der er das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat (§ 1612 Abs. 2 Satz 3). Leben Eltern eines minderjährigen Kindes ohne Sorgerechtsregelung getrennt, und befindet sich das Kind in der Obhut eines Elternteils, so kann die Bestimmung, dass der Unterhalt dem Kinde als Naturalunterhalt gewährt werden soll, nur von demjenigen Elternteil wirksam getroffen werden, in dessen Obhut sich das Kind befindet.
Rz. 569
Leben die Eltern eines minderjährigen unterhaltsberechtigten Kindes voneinander getrennt, und hält sich das Kind nicht nur vorübergehend bei dem anderen Ehegatten auf, dann kann sich der auf Barunterhalt in Anspruch genommene Elternteil nicht gegen den Willen des anderen Elternteils darauf berufen, das Kind möge zu ihm ziehen und Naturalunterhalt in Anspruch nehmen; er muss sich vielmehr darauf verweisen lassen, eine zumindest vorläufige gerichtliche Regelung über das Sorgerecht herbeizuführen.