Rz. 809
Der Anspruch auf Unterhalt für die Dauer einer mehrstufigen Ausbildung setzt weiter voraus, dass die einzelnen Ausbildungsabschnitte zeitlich eng zusammenhängen. Übt es im Anschluss an eine Lehre den erlernten Beruf aus, obwohl es mit dem Studium beginnen könnte, und wird der Entschluss zum Studium auch sonst nicht erkennbar, wird dieser Zusammenhang und damit die Einheitlichkeit des Ausbildungsgangs aufgehoben, insb. wenn zwischen Beendigung der Lehre und Aufnahme des Studiums mehr als 30 Monate, ja sogar mehrere Jahre, liegen. Ein zeitlicher Zusammenhang zwischen einer Lehre und einem Studium ist in der Regel dann nicht mehr gegeben, wenn das Kind nach der Lehre zwei Jahre in dem Ausbildungsberuf gearbeitet und eine eigene Lebensstellung erreicht hat. Wenn der auf Barunterhalt in Anspruch genommene Elternteil von dem Studienwunsch des Kindes keine Kenntnis hatte, ist es dann auch unerheblich, ob das Kind die zeitliche Verzögerung zu vertreten hat oder nicht.
Abzustellen ist jedoch grundsätzlich auf die Umstände des Einzelfalls. So wurde ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt für den Fall noch bejaht, dass zwischen Schulabschluss und der Aufnahme der Ausbildung sieben Jahre liegen, wenn der Unterhaltsberechtigte zwischenzeitlich vier Kinder bekommen und diese nach der Geburt betreut hat.
Rz. 810
Die Unterhaltspflicht kann nur für eine Ausbildung insgesamt bejaht oder verneint werden. Ein Anspruch auf Ausbildungsunterhalt besteht daher nicht, wenn nach der Ausbildung zur Bürogehilfin ein Jahr im erlernten Beruf gearbeitet und erst dann der Schulbesuch wieder aufgenommen wird. Findet das volljährige Kind – gleich aus welchen Gründen – zunächst keine Arbeits- oder Lehrstelle, und nimmt es dann über ein Jahr später ein Studium auf, so fehlt es regelmäßig am notwendigen engen zeitlichen Zusammenhang der Ausbildungsabschnitte.
Rz. 811
Allerdings kann der zeitliche Zusammenhang auch dann gewahrt sein, wenn die zwischen der praktisch-beruflichen Ausbildung und dem Studienbeginn des Kindes vergangene Zeit auf zwangsläufige, dem Kind nicht anzulastende Umstände zurückzuführen ist. Auch wird der zeitliche Zusammenhang durch eine Wartezeit bis zur Erlangung des Studienplatzes nicht aufgehoben, selbst wenn er im Einzelfall drei Jahre beträgt, die erhebliche Verzögerung allerdings nicht vom Unterhaltsberechtigten zu vertreten ist.
Praxistipp
Im Rahmen des nötigen zeitlichen Zusammenhangs ist es jedenfalls erforderlich, dass der Auszubildende nach dem Abschluss der Lehre das Studium mit der gebotenen Zielstrebigkeit aufnimmt.