Rz. 682
Von dem nach den jeweiligen Tabellen/Leitlinien tatrichterlich festzusetzenden Unterhaltsbedarf des Kindes werden zunächst bedürftigkeitsmindernd das staatliche Kindergeld (§§ 62 ff., 32 EStG, § 1612b) abgesetzt, sodann alle zumutbar erzielten eigenen Einkünfte des Kindes (auch BAföG-Darlehen, Ausbildungsbeihilfen, Waisenrente u.a.), gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen. Außerdem ist das volljährige Kind verpflichtet, zur Minderung seines Unterhaltsbedarfs den Stamm seines Vermögens einzusetzen (siehe § 1602).
Rz. 683
Der Abzug vom Kindergeld erfolgt mit Eintritt der Volljährigkeit in voller Höhe.
Rz. 684
Das Erwerbseinkommen ist im Rahmen tatrichterlichen Ermessens um berufsbedingte Aufwendungen zu bereinigen, wobei auch insoweit auf pauschalierende Berechnungsmethoden zurückgegriffen werden darf.
Rz. 685
Praxistipp
Solche Aufwendungen werden vernünftigerweise in der Regel mit 5 % des Nettoeinkommens angesetzt. Die (gesamten) Aufwendungen sind allerdings im Einzelnen darzulegen, nachzuweisen und gegebenenfalls nach § 287 ZPO zu schätzen, wenn höhere Aufwendungen geltend gemacht werden, oder aber wenn ein Mangelfall vorliegt.
Rz. 686
Erzielt das Kind Einkünfte aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit, so gilt § 1577 Abs. 2 entsprechend, eine Anrechnung erfolgt daher nicht.
Rz. 687
Bei besonders hohen Fahrtkosten kann die Ausbildungsvergütung um die zusätzlich gezahlten Fahrtkosten erhöht und davon dann der höhere pauschale ausbildungsbedingte Mehrbedarf abgesetzt werden. Die tatsächlich entstandenen berufsbedingten Fahrtkosten bei der Nutzung eines Kraftfahrzeugs für die Fahrten zwischen Wohnort und Berufsschule bzw. Wohnort und Ausbildungsstätte sind regelmäßig in voller Höhe bei der Ermittlung des eigenen Einkommens eines Ausbildungsunterhalt verlangenden Kindes zu berücksichtigen. Auch bei hohen Fahrtkosten muss sich der Unterhaltsberechtigte nicht auf öffentliche Verkehrsmittel verweisen lassen, wenn die Benutzung von Bus und Bahn zu einer erheblichen Verlängerung der Fahrtzeit führt, und das mehrfache Umsteigen die Gefahr von Verspätungen und damit das unpünktliche Erscheinen am Ausbildungsplatz mit sich bringen würde. Auch ist die Pauschale von 90 EUR für ausbildungsbedingten Mehrbedarf nicht auf die Fahrtkosten anzurechnen, da es sich dabei nicht um eine berufsbedingte Pauschale handelt.
Rz. 688
BAföG-Leistungen sind als unterhaltsrechtliches Einkommen anzurechnen und mindern die Bedürftigkeit des Kindes, soweit sie als Regelleistungen bezogen werden, nicht jedoch, wenn sie als Vorausleistung gewährt werden, weil ein Elternteil keinen oder unzureichenden Unterhalt bezahlt. Für einen Studierenden besteht die Obliegenheit, einen BAföG-Antrag zu stellen. Ändert sich die finanzielle Situation der Eltern, so kann das Kind auch verpflichtet sein, eine Abänderung des zunächst ablehnenden BAföG-Bescheids nach § 53 BAföG zu beantragen.
Rz. 689
Praxistipp
Bekommt das Kind von dritter Seite regelmäßige Unterstützung in Form von Geld- und/oder Sachzuwendungen, dann hängt eine den Unterhaltsschuldner entlastende Wirkung dieser Zuwendungen von der Willensrichtung des Zuwendenden ab, wenn und soweit das volljährige Kind keinen Anspruch auf diese Leistungen hat. Will der Dritte mit seinen überobligationsmäßigen Leistungen den Unterhaltsschuldner nicht entlasten, dann ist nach der Lebenserfahrung anzunehmen, dass hiermit ausschließlich eine Unterstützung des Unterhaltsgläubigers beabsichtigt war.