Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 239
Wegen des ehemaligen Unterschiedes zwischen ehelicher und nichtehelicher Abstammung waren auch die Anfechtungsregelungen unterschiedlich ausgestaltet; bei der Anfechtung der ehelichen Abstammung konnte uneingeschränkt nur der Ehemann die Vaterschaft anfechten, während das Kind aus Gründen des "Ehefriedens" nur eingeschränkt, die Ehefrau überhaupt nicht anfechten konnte.
Rz. 240
Nun ist die Anfechtung einheitlich in § 1599 Abs. 1 BGB geregelt. Nach § 1600 BGB sind ohne inhaltliche Einschränkungen der Mann, die Mutter und das Kind anfechtungsberechtigt.
Die Abweisung einer Anfechtungsklage bewirkt die materielle Rechtskraft einer solchen Entscheidung. Dies steht einer erneuten Anfechtungsklage entgegen, wenn nicht neue, selbstständige, nach der letzten mündlichen Verhandlung im früheren Prozess zu Tage getretene Lebenssachverhalte vorgetragen werden.
Rz. 241
Inhaltlich ist die Voraussetzung an keine weiteren Voraussetzungen gebunden. Deswegen ist – innerhalb der Fristen – eine Anfechtung auch möglich, wenn dem zunächst nach § 1592 Nr. 1, 2 BGB als rechtlichen Vater feststehenden Vater bekannt war, dass er nicht Vater war, ja sogar in den Fällen, in denen er bewusst eine unrichtige Vaterschaftsanerkenntnis abgegeben hat.
Rz. 242
De lege ferenda hat der vom BMJV eingesetzte Arbeitskreis Abstammungsrecht vorgeschlagen, das Anfechtungsrecht der Mutter dann auszuschließen, wenn sie der Vaterschaftsanerkennung eines Mannes zugestimmt hat, obwohl sie weiß, dass neben dem Anerkennenden noch andere Männer als Vater in Betracht kommen; erst recht hätte dies für die Zustimmung zu einer bewusst wahrheitswidrigen Vaterschaftsanerkennung eines Mannes zu gelten. Parallel dazu soll auch derjenige Mann, der die rechtliche Vaterschaft im positiven Wissen um seine fehlende genetische Vaterschaft oder bei Kenntnis von Umständen, die gegen seine Vaterschaft sprechen, anerkennt, an dieser Erklärung festgehalten werden.
Rz. 243
Der BGH hat jedoch nunmehr entschieden:
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Das Recht der Mutter auf Anfechtung der Vaterschaft ist nicht von weiteren Voraussetzungen und insbesondere nicht von einer Kindeswohldienlichkeit abhängig. |
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Ein rechtsgeschäftlicher Ausschluss des Rechts auf Anfechtung der Vaterschaft ist nicht möglich, sodass ein Verzicht auf das Anfechtungsrecht wirkungslos ist (im Anschluss an BGH FamRZ 1995, 1272) |
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Die Mutter ist nicht nach Treu und Glauben an der Anfechtung der durch die Ehe begründeten Vaterschaft gehindert, wenn die Ehe im beiderseitigen Wissen, dass die Braut von einem anderen Mann schwanger ist, und mit dem Ziel, dem Bräutigam den Status als rechtlicher Vater zu verschaffen, geschlossen worden ist. |
Rz. 244
Im Übrigen steht dem biologischen Vater gegen die Kindesmutter bezüglich des Mannes, der die Vaterschaft anerkannt hat, zur Vorbereitung einer Vaterschaftsanfechtung ein Auskunftsanspruch zu, bezogen auf Namen und Anschrift des Betroffenen. Das OLG Oldenburg hat diesen Anspruch aus den Grundsätzen des § 242 BGB hergeleitet.
Rz. 245
Nach dem Wortlaut des 2004 abgeänderten § 1600 Abs. 1 Nr. 2 BGB ist eine Anfechtung durch den Mann, der bei bestehender rechtlicher Vaterschaft eines anderen Mannes geltend macht, der biologische Vater des Kindes zu sein, möglich geworden.
Das Bundesverfassungsgericht hatte entschieden, dass § 1600 BGB mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG insoweit unvereinbar ist, als durch § 1600 BGB dem biologischen Vater auch dann das Recht auf Anfechtung der rechtlichen Vaterschaft vorenthalten wird, wenn die rechtlichen Eltern mit dem Kind gar keine soziale Familie bilden, die es nach Art. 6 Abs. 1 GG zu schützen gelte.
Rz. 246
Von besonderer Bedeutung ist dies in den Fällen, in denen die rechtliche Vaterschaft nicht typisierend an das Bestehen einer Ehe anknüpfte, sondern auf einer Anerkenntnis eines Mannes mit Zustimmung der Mutter beruhte, ohne dass ein familiäres Zusammenleben zwischen Mutter, dem (anerkennenden) Mann und dem Kind bestand.
Rz. 247
Die Anfechtung ist eine höchstpersönliche Rechtshandlung, so dass grundsätzlich die Vertretung durch andere Personen ausgeschlossen ist, § 1600a BGB.
Das gilt auch für den Fall der beschränkten Geschäftsfähigkeit des Vaters oder der Mutter. Nur dann, wenn sie geschäftsunfähig sind, kann ihr gesetzlicher Vertreter anfechten (im Einzelnen § 1600a Abs. 2 BGB). Für das geschäftsunfähige oder in der Geschäftsfähigkeit beschränkte Kind kann nach § 1600a Abs. 2 BGB nur der gesetzliche Vertreter anfechten.
In allen Fällen, in denen die gesetzlichen Vertreter tätig sind, haben sie das Wohl des Vertretenen bei der Anfechtung zu beachten (§ 1600a Abs. 4 BGB).
Das OLG Celle erklärt dazu:
Zitat
"Im Rahmen der Kindeswohlprüfung nach § 1600a Abs. 4 BGB sind die konkreten Vor- und Nachteile, ob die Anfechtung der Vaterschaft im Interesse des Kindes liegt, gegeneinander abzuwägen."
Rz. 248
Die Anfechtung muss innerhalb von zwei Jahren nachdem der Anfechtungsberechtigte von den Umständen erfahren hat, die gegen die Vaterscha...