Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 355
Ausgangsfall der Sorgerechtsregelung der Kinder nicht miteinander verheirateter Eltern ist die elterliche (Allein)Sorge der Mutter (§ 1626a Abs. 2 BGB), die früher gegen ihren Willen nicht in eine gemeinsame elterliche Sorge mit dem leiblichen Vater zu ändern war.
Rz. 356
Nach § 1626a Abs. 1 Zif. 3 BGB kann der Kindesvater die gemeinsame Übertragung der elterlichen Sorge für das Kind beantragen.
Der Vater kann wählen, ob er nach Abgabe einer Sorgeerklärung das Sorgerecht direkt beim Familiengericht beantragt oder sich (zunächst) an das Jugendamt wendet.
Im gerichtlichen Verfahren erhält die Mutter eine Frist zur Stellungnahme von ca. 4 Wochen, (die nicht vor Ablauf von 6 Wochen nach Geburt des Kindes enden darf), innerhalb derer sie zum Antrag des Vaters Stellung nehmen muss.
Ein zu stellender Antrag auf Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge lautet im Übrigen wie folgt:
Rz. 357
Muster 2.37: Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge gem. § 1626a BGB
Muster 2.37: Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge gem. § 1626a BGB
… (volles Rubrum) …
wird beantragt,
die elterliche Sorge für das am _________________________. in _________________________ geborene Kind K. B _________________________ den Eltern gemeinsam zu übertragen.
Rz. 358
Die gemeinsame elterliche Sorge wird vom Familiengericht daher angeordnet, wenn
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die Kindesmutter dem Antrag zustimmt, |
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die Kindesmutter dem Antrag nicht widerspricht, insbesondere also gar nicht Stellung nimmt, |
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die Kindesmutter in ihrer Stellungnahme Gründe vorträgt, die keine Bedeutung für die Kindeswohlprüfung darstellen oder |
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dem Familiengericht auch sonst Gründe nicht ersichtlich sind, die der Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge entgegenstehen können, § 1626a Abs. 2 Satz 2 BGB. |
Rz. 359
Hinweis
Sofern die Kindesmutter darlegen will, dass die Übertragung dem Kindeswohl widerspricht (§ 1626a Abs. 2 Satz 1 BGB), ist differenzierter Tatsachenvortrag erforderlich. Dieser muss das Kindeswohl berühren.
Rz. 360
Nicht ausreichend ist folgende Argumentation:
Der Wunsch der Mutter, auch zukünftig allein entscheiden zu wollen, weil
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sie sich mit dem Kindesvater nicht gut verstehe; |
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das gemeinsame Sorgerecht sei nicht notwendig, weil vorläufig keine wichtigen Entscheidungen zu treffen seien. |
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sie (vielleicht) auswandern/in eine entfernte Stadt ziehen wolle, was sie bei gemeinsamer elterlicher Sorge nicht ohne weiteres könne. |
Rz. 361
Notwendig ist die Schilderung konkreter Schwierigkeiten und/oder unüberbrückbarer und dem Kindeswohl schädlicher Konflikte, die eine alleinige elterliche Sorge rechtfertigen. Es ist daher erheblich mehr erforderlich, als allgemein auf fehlende Kooperationsfähigkeit oder -bereitschaft hinzuweisen.
Es ist konkret am Einzelfall darzulegen,
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bei welchem Anlass und auf welche Weise Bemühungen um gemeinsame Kooperation stattgefunden haben; |
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dass und inwieweit Bemühungen an der Verweigerungshaltung des anderen Elternteils gescheitert sind; |
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inwieweit durch die mangelnde Einigungsfähigkeit die Entwicklung und das Wohl des Kindes beeinträchtigt sind. |
Rz. 362
Ausreichend ist allerdings auch eine unüberbrückbare, für jeden Dritten nachvollziehbare Abneigung der Kindesmutter gegenüber dem Kindesvater etwa in Fällen, in denen die biologische Vaterschaft auf Vergewaltigung der Mutter beruht. Ausreichend ist in diesem Zusammenhang aber auch strafbares Verhalten gegenüber Dritten namentlich der Kindesmutter nahestehenden Dritten, die zu einer berechtigt fehlenden Kooperationsbereitschaft und Kooperationsfähigkeit der Kindesmutter führen.
Auch erhebliche Kommunikationsstörungen rechtfertigen die Ablehnung gemeinsamer elterlicher Sorge.
Rz. 363
Die Rechtsprechung fordert insgesamt ein Mindestmaß an Übereinstimmung zwischen den leiblichen Eltern insbesondere, so das OLG Frankfurt/M., bei den wesentlichen Erziehungsfragen, die sich am Kindeswohl auszurichten hat. Dies erfordert nach einem Beschluss des OLG Stuttgart auch eine grundsätzliche Konsensfähigkeit und Konsensbereitschaft. Von einer solchen könne kaum ausgegangen werden, "wenn mehrfach eine Einigung über eine Umgangsregelung nicht ohne gerichtliche Entscheidung möglich ist."
Rz. 364
Letztlich wird aber gelten müssen: Verbleiben Zweifel, ob die gemeinsame elterliche Sorge dem Kindeswohl entspricht, kann diese nicht angeordnet werden. Zweifel führen dazu, dass die Übertragung der gemeinsamen elterlichen Sorge im Widerspruch zum Kindeswohl steht.