Dr. iur. Klaus-Peter Horndasch
Rz. 327
Nach den zu beachtenden Grundsätzen der Verhältnismäßigkeit und des geringstmöglichen Eingriffs kommt häufig die Übertragung eines Teilbereiches der elterlichen Sorge in Betracht.
Streiten Parteien z.B. um den (künftigen) Lebensmittelpunkt des Kindes und ist im Übrigen das Verhältnis der Eltern zueinander nicht zerrüttet, so dass der Streit keine Gefährdung des Kindeswohls bewirkt, genügt es, das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf eines der Elternteile zu übertragen.
Rz. 328
Das Bundesverfassungsgericht hat hierzu deutlich erklärt:
Zitat
"Art. 6 Abs. 2 GG erfordert die Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bei der Entscheidung über einen Antrag auf Übertragung der Alleinsorge. Die Gerichte haben sich deshalb mit Teilentscheidungen als milderes Mittel zu begnügen, wo immer dies dem Kindeswohl Genüge tut."
Rz. 329
Hinweis
Im Streitfall ist erheblich mehr erforderlich, als allgemein auf fehlende Kooperationsfähigkeit oder -bereitschaft hinzuweisen. Es ist konkret am Einzelfall darzulegen,
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welche konkreten Bemühungen um eine gemeinsame Entscheidung stattgefunden haben, |
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inwieweit Bemühungen an der Haltung des anderen Elternteils gescheitert sind und |
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inwieweit durch dieses Verhalten das Wohl des Kindes gefährdet bzw. beeinträchtigt wird. |
Einmaliges Fehlverhalten reicht in der Regel nicht aus, um die Unfähigkeit oder fehlende Bereitschaft des Anderen zur Ausübung der gemeinsamen elterlichen Sorge zu begründen.
Grundsätzlich sind Eltern verpflichtet, die Zusammenarbeit zum Wohle des Kindes aktiv zu suchen.
Die Gleichgültigkeit eines Elternteils spricht aber gegen die Beibehaltung des gemeinsamen Sorgerechts.
Rz. 330
Hinweis
Schwerwiegende Verletzungen der Unterhaltspflicht sind ein Indiz für die Gleichgültigkeit eines Elternteils.
Der Kernsatz des Antrags auf Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge, beispielsweise des Aufenthaltsbestimmungsrechts lautet:
Rz. 331
Muster 2.33: Antrag auf Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge
Muster 2.33: Antrag auf Übertragung eines Teils der elterlichen Sorge
Es wird beantragt,
das Aufenthaltsbestimmungsrecht für das gemeinsame Kind der Beteiligten, K. B._________________________, geb. am _________________________ in _________________________, auf die Antragstellerin zu übertragen.
Der Antrag ist natürlich auch hilfsweise möglich für den Fall, dass der Hauptantrag auf Übertragung der alleinigen elterlichen Sorge scheitert. Zu überlegen ist aber anwaltlich, ob ein solcher Hilfsantrag nicht zu einer gerichtlichen Neigung führt, sich von vornherein auf das geringere Mittel zu konzentrieren, mit dem nach dem Hilfsantrag ja ebenfalls Einverständnis besteht.