Leitsatz

Die Parteien stritten um das Aufenthaltsbestimmungsrecht für ihr im Juli 2004 geborenes gemeinsames Kind. Erstinstanzlich hatte das AG das Aufenthaltsbestimmungsrecht auf die Mutter übertragen. Hiergegen richtete sich die befristete Beschwerde des Kindesvaters, der einen widerstreitenden Antrag gestellt und die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf sich beantragt hatte. Die Eltern stritten insbesondere darum, welche Erziehungsanteile in der Vergangenheit hinsichtlich des betroffenen Kindes von ihnen wahrgenommen worden waren.

Das OLG hatte sich in der Beschwerdeinstanz mit den Kriterien für die Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts auf einen Elternteil auseinanderzusetzen.

 

Sachverhalt

Die Parteien hatten vom Jahre 2002 bis 2008 in nichtehelicher Lebensgemeinschaft zunächst in getrennten Wohnungen und sodann ab Juni 2004 in einer gemeinsamen Wohnung zusammengelebt. Aus ihrer Beziehung war im Juli 2004 ein Sohn hervorgegangen, für den der Vater am 2.8.2004 die Vaterschaft anerkannte. Zugleich gaben die Eltern eine gemeinsame Sorgeerklärung für ihren Sohn ab.

Bereits früh kam es zu Konflikten innerhalb der Beziehung der Kindeseltern. Mit Beschluss des AG vom 28.9.2004 wurden der Kindesmutter auf ihren Antrag im Wege der einstweiligen Anordnung Teile des Sorgerechts für den gemeinsamen Sohn hinsichtlich der Beantragung von Kindergeld und Erziehungsgeld alleine übertragen. Ihr weitergehender Antrag auf Übertragung der gesamten Personensorge wurde zurückgewiesen.

Im Jahre 2007 verzog die Familie in ein Eigenheim. Der Vater hatte ein Grundstück von seinen Eltern geschenkt erhalten und darauf mit erheblichen Eigenleistungen ein Haus errichtet.

Spätestens zu der Zeit des Umzuges traten verschärfte Spannungen innerhalb der Beziehung der Kindeseltern auf, die Anfang 2008 derart eskalierten, dass die Kindesmutter mit dem gemeinsamen Kind ohne vorherige Absprache mit dem Kindesvater aus dem Haus auszog. Sie verzog zum Wohnort ihrer Mutter, was sie dem Kindesvater später per SMS mitteilte.

Am 5.4.2008 kehrte die Kindesmutter mit dem Sohn in das Familienheim zurück. Die Streitigkeiten zwischen den Eltern bestanden fort. Am 20.4.2008 zog die Kindesmutter erneut aus in der Absicht, den Kindesvater endgültig zu verlassen.

Anlässlich ihres Auszuges kam es zu erheblichen Streitigkeiten in Gegenwart des Kindes. In der Folgezeit zog die Kindesmutter mit dem Sohn mehrfach um, ohne den Kindesvater hiervon zu informieren, der ihren neuen Aufenthaltsort erst durch eine entsprechende Nachfrage beim Einwohnermeldeamt in Erfahrung brachte. Die Mutter verweigerte zunächst einen Umgangskontakt mit dem Sohn u.a. aufgrund ihrer Befürchtung, der Vater werde das Kind nicht mehr zu ihr zurückbringen.

Ende Mai 2008 erfolgte dann die Aufnahme des Umgangs. Am 5.6.2008 schlossen die Kindeseltern vor dem AG in einem einstweiligen Anordnungsverfahren eine Umgangsvereinbarung, nach der sich das Kind im Wechsel jeweils 14 Tage bei einem Elternteil aufhalten sollte. Nachdem bereits im Juli 2008 erneut Spannungen aufkamen, wurde diese Vereinbarung abgeändert, der 14-tägige Rhythmus jedoch beibehalten.

Die Kindesmutter hat in der Folgezeit beantragt, ihr das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn zu übertragen. Der Kindesvater hat einen widerstreitenden Antrag gestellt.

Mit Beschluss vom 4.12.2008 hat das AG das Aufenthaltsbestimmungsrecht für den Sohn der Kindesmutter alleine übertragen.

Hiergegen wandte sich der Kindesvater mit der sofortigen Beschwerde.

Sein Rechtsmittel blieb ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Das OLG teilte die Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts, das unter Beachtung aller Umstände zutreffend der Kindesmutter das alleinige Aufenthaltsbestimmungsrecht übertragen habe. Es beständen keine Bedenken gegen die Aufhebung der gemeinsamen elterlichen Sorge hinsichtlich des Teilbereichs Aufenthaltsbestimmungsrecht.

Gemäß § 1671 Abs. 1, Abs. 2 Ziff. 2 BGB sei bei gemeinsam sorgeberechtigten Eltern, die nicht nur vorübergehend getrennt lebten, die elterliche Sorge einem Elternteil allein zu übertragen, wenn bei widerstreitenden Anträgen zum Sorgerecht zu erwarten sei, dass die Aufhebung der gemeinsamen Sorge und die Übertragung auf einen Elternteil dem Wohl des Kindes am Besten entspreche. Dabei sei zu berücksichtigen, dass nach der gesetzlichen Konzeption kein Regel-Ausnahme-Verhältnis in dem Sinne bestehe, dass eine Priorität zugunsten der gemeinsamen elterlichen Sorge bestehe und die Alleinsorge eines Elternteils nur in Ausnahmefällen als "ultima ratio" in Betracht kommen solle (BGH FamRZ 2008, 592; OLG Brandenburg FamRZ 2010, 911; FamRZ 2008, 1474).

Eingeschränkte Kommunikation unter den Eltern rechtfertige noch nicht die Annahme der Einigungsunfähigkeit. Vielmehr könnten sie, solange ihnen die Herbeiführung von Übereinstimmung und Gemeinsamkeit zum Wohle des Kindes zumutbar sei, nicht aus der Verpflichtung dazu entlassen werden (OLG Brandenburg FamRZ 2003, 1952, 1953).

Sei ein Mindestmaß an Übereinstimmung in wesentlic...

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