Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 596
Eine Gefährdung entsteht, wenn Gefährdungsfaktoren mit dem Menschen im Arbeitsprozess zusammentreffen. Die Leitlinie Gefährdungsbeurteilung und Dokumentation der GDA enthält im Anhang 2 eine Übersicht der wesentlichen Gefährdungsfaktoren (Muster Eckpunkte einer Betriebsvereinbarung zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung gemäß § 5 ArbSchG Ziffer 2.2.; Rdn 619)
Im laufend aktualisierten Handbuch Gefährdungsfaktoren der BAuA sind zu den einzelnen dort genannten Faktoren jeweils folgende Abschnitte behandelt:
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Einführung (nur bei komplexen Themen), |
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Art und Wirkung der Gefährdungsfaktoren, |
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Grenzwerte und Beurteilungskriterien, |
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Arbeitsschutzmaßnahmen, |
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Bezugsquellen (Gesetze, Verordnungen Vorschriften, Normen, Literatur) |
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Textbausteine für Prüflisten und Formblätter |
Rz. 597
In der Betriebsvereinbarung zur Gefährdungsbeurteilung ist festzulegen, in welchen Arbeitsbereichen gleichartige Arbeitsbedingungen vorhanden sind und welche Arbeitsplätze und Tätigkeiten beurteilt werden sollen (§ 5 Abs. 2 ArbSchG). Es ist sinnvoll zu bestimmen, in welcher zeitlichen Abfolge die einzelnen Bereiche untersucht werden.
Rz. 598
Im Hinblick auf die Methoden kommen bei physischen Gefährdungen grundsätzlich in Betracht:
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Begehung, |
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geeignete Messverfahren (z.B. Messungen mittels Messgeräten der Klasse 1: Lärm, elektrische Spannung, Beleuchtung usw.), |
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Auswertung technischer und rechtlicher Dokumente und Daten (z.B. Konformitätserklärung, Betriebsanleitung, Schaltplan, Sicherheitsdatenblätter, interne Statistiken), und |
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Befragung der Mitarbeiter. |
Für einzelne Gefährdungsfaktoren sind spezielle Methoden zur Belastungsermittlung vorhanden (z.B. die Leitmerkmalmethode zur Beurteilung physischer Belastungen, Messungen von physikalischen Einwirkungen wie Lärm, Vibrationen, optischen Strahlungen, elektromagnetische Felder, Unter- oder Überdruck).
Rz. 599
Besondere Bedeutung, aber auch besondere Schwierigkeiten bestehen bei der Ermittlung psychischer Belastungen. Sie sind als besondere Ursache von Gefährdungen in § 5 Abs. 3 Nr. 6 ArbSchG genannt. Die Gesetzesänderung vom 25.10.2013 änderte nicht die Rechtslage, sondern sollte lediglich, aber immerhin, das Bewusstsein der Arbeitgeber schärfen, das psychische Belastungen bei der Arbeit einen Gefährdungsfaktor darstellen können.
Rz. 600
Die Besonderheit dieses Gefährdungsfaktors besteht darin, dass psychische Belastungen sowohl positiv wie negativ auf den Menschen einwirken können. Es handelt sich um die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken. Die psychische Beanspruchung meint die Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien (Begriffsbestimmung in Nr. 3.1 und 3.2 der EN ISO 10075–1:2000). Gegenstand der Gefährdungsbeurteilung ist nicht die psychische Verfasstheit der Beschäftigten, auch nicht die Beanspruchung, sondern sind die auf die Beschäftigten einwirkenden Belastungen.
Rz. 601
Gefährdend sind Fehlbelastungen. Ihre Ermittlung kann mit verschiedenen Methoden mit unterschiedlichen Präzisionsgraden erfolgen. Die EN ISO 10075 – 3 Abschnitt 4 unterscheidet in Verfahren für Orientierungszwecke, Verfahren für Übersichtszwecke und Verfahren für Zwecke der genauen Messung.
Die GDA hat in ihrer Leitlinie Beratung und Überwachung bei psychischer Belastung am Arbeitsplatz verschiedene psychische Belastungsfaktoren folgenden Bereichen zugeordnet:
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Arbeitsinhalt/Arbeitsaufgabe, |
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Arbeitsorganisation, |
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soziale Beziehungen, |
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Arbeitsumgebung, |
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neue Arbeitsformen. |
Auch wenn die Checkliste aus arbeitspsychologischer Perspektive im Hinblick auf Vollständigkeit diskutiert werden kann, eignet sich die Verständigung der GDA auf diese Bandbreite an arbeitsbezogenen psychischen Belastungsfaktoren gut, um im Betrieb die Gefährdungsbeurteilung handhabbar zu machen.
Rz. 602
Als Instrumente der Gefährdungsbeurteilung kommen in Betracht Fragebögen, Workshops, Beobachtungsinterviews. Zur Messung von Arbeitsüberlastung eignen sich die auf der Handlungsregulationstheorie aufbauenden Verfahren, mit dem die zur Verfügung stehende Arbeitszeit einzelner Beschäftigter in Beziehung gesetzt wird zum Umfang erforderlicher Zeiten zur Erledigung der übertragenen Arbeit ("Zusatzaufwand"). Im industriellen Bereich wurde dies mithilfe von Refaanalysen durchgeführt, für die Krankenpflege ist die neue PPR 2.0 ein geeignetes Hilfsmittel.