Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 271
Kurzarbeit wird durch Kurzarbeitergeld nach den Voraussetzungen der §§ 95 ff. SGB III gefördert. Arbeitnehmer haben Anspruch auf Kurzarbeitergeld, wenn die Kurzarbeit arbeitsrechtlich wirksam angeordnet wurde, ein erheblicher Arbeitsausfall i.S.v. § 96 SGB III vorliegt, das Beschäftigungsverhältnis nach Beginn des Arbeitsausfalls nicht gekündigt oder aufgelöst wurde, Arbeitgeber oder Betriebsrat die Kurzarbeit gem. § 99 SGB III angezeigt haben und ein fristgerechter Antrag gem. § 325 Abs. 3 SGB III vorliegt.
Die Einführung von Kurzarbeit bedarf entweder einer Vereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien oder einer besonderen kollektivrechtlichen Grundlage. Liegt keine von beiden vor, behalten Arbeitnehmer unter den Voraussetzungen des Annahmeverzugs den vollen Vergütungsanspruch. Deckt die Bundesagentur für Arbeit in einer Nachprüfung die fehlende oder unwirksame arbeitsrechtliche Basis für bezogenes Kurzarbeitergeld auf, droht eine Rückabwicklung sowohl für das erhaltene Kurzarbeitergeld als auch für die von der Bundesagentur für Arbeit getragenen Sozialversicherungsbeiträge, bei der der Arbeitgeber das finanzielle Risiko trägt. Folgt auf eine unwirksame Einführung von Kurzarbeit eine (vorsätzliche oder fahrlässige) unrechtmäßige Beantragung von Kurzarbeitergeld, kann dies eine Ordnungswidrigkeit darstellen bzw. strafrechtlich relevant werden. Insbesondere der während der Corona-Pandemie gewährte erleichterte Zugang zum Kurzarbeitergeld wird von den zuständigen Kontrollbehörden derzeit aufgearbeitet und die damaligen Anträge und Auszahlungen kritisch überprüft.
Rz. 272
Ein erheblicher Arbeitsausfall liegt immer dann vor, wenn im jeweiligen Kalendermonat mindestens ein Drittel der in dem Betrieb beschäftigten Arbeitnehmer von einem Entgeltausfall von jeweils mehr als 10 % ihres monatlichen Bruttoentgelts betroffen sind (§ 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB III). Der Arbeitsausfall darf zudem nicht vermeidbar sein (§ 96 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 SGB III). Der Arbeitgeber hat daher alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um den Arbeitsausfall zu vermeiden. Hierzu gehören grundsätzlich die Gewährung von Urlaub, der Abbau von Arbeitszeitguthaben bis hin zum Aufbau eines zulässigen Arbeitszeitsaldos sowie der Abbau von Leiharbeitnehmern. Ein Anspruch auf Kurzarbeitergeld setzt aber einen deutschen Sitz des Betriebs oder der Betriebsabteilung des Unternehmens voraus, in dem die von der Kurzarbeit betroffenen Arbeitnehmer beschäftigt sind, die bloße deutsche Sozialversicherungspflicht der betroffenen Arbeitnehmer ist nicht ausreichend.
Rz. 273
Die §§ 95 ff. SBG III stellen grundsätzlich auf den Betrieb als Berechnungseinheit ab. Dadurch eröffnet sich die Möglichkeit, die Kurzarbeit nicht pauschal für alle Arbeitnehmer innerhalb eines Unternehmens oder Konzerns einzuführen. Vielmehr kann die Arbeitszeitverkürzung auf diejenigen Betriebe oder auch Betriebsabteilungen beschränkt werden, die von einem Auftragseinbruch besonders stark betroffen sind.
Rz. 274
Kurzarbeitergeld wird nach § 104 Abs. 1 S. 1 SGB III maximal für eine Dauer von zwölf Monaten gezahlt. Nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 SGB III kann das Bundesministerium für Arbeit und Soziales jedoch durch entsprechende Verordnung die auf zwölf Monate begrenzte gesetzliche Bezugsfrist für den Bezug des Kurzarbeitergeldes bis zur Dauer von 24 Monaten verlängern, wenn außergewöhnliche Verhältnisse auf dem gesamten Arbeitsmarkt vorliegen. Die Höhe des Kurzarbeitergeldes beträgt 67 % bzw. 60 % der Nettoentgeltdifferenz im Anspruchszeitraum (§§ 105, 106 Abs. 1 SGB III). Die Nettoentgeltdifferenz entspricht dem Unterschiedsbetrag zwischen dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Sollentgelt (Bruttoarbeitsentgelt, das ohne Berücksichtigung von Einmalzahlungen und Zahlungen für Mehrarbeit in dem Anspruchszeitraum erzielt worden wäre) und dem pauschalierten Nettoentgelt aus dem Ist-Entgelt (das in dem Anspruchszeitraum tatsächlich erzielte Bruttoentgelt des Arbeitnehmers unter Einschluss der Mehrarbeitsvergütung), § 106 Abs. 1 S. 1 SGB III. Der Arbeitgeber trägt die Sozialversicherungsbeiträge (ohne Beitrag zur Arbeitslosenversicherung) auf das Kurzarbeitergeld grundsätzlich allein.
Rz. 275
Als Sonderform existiert das Saisonkurzarbeitergeld nach § 101 SGB III. Dieses ist vorgesehen für Wirtschaftszweige mit saisonbedingtem Arbeitsausfall wie bspw. das Baugewerbe. Saisonkurzarbeitergeld wird grundsätzlich vom 1.12. bis zum 31.3. (Schlechtwetterzeit) gewährt. Im Übrigen müssen die Voraussetzungen des regulären Kurzarbeitergeldes vorliegen.