Dr. Gero Dietrich, Dr. Angela Emmert
Rz. 317
Bei Zielvereinbarungen handelt es sich um Absprachen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über bestimmte betriebliche oder auch persönliche Ziele, die innerhalb eines festgelegten Zeitrahmens zu erreichen sind. Eine Zielvorgabe liegt vor, wenn die zu erreichenden Ziele einseitig vom Arbeitgeber festgelegt werden. Typischerweise wird in einer Zielvereinbarung bzw. Zielvorgabe für das Erreichen der vereinbarten (oder vorgegebenen) Ziele ein Entgelt oder sonstiger Benefit zugesagt, um einen Leistungsanreiz zu schaffen. Anknüpfungspunkt können dabei Unternehmens-, Abteilungs-, teambezogene Umsatzziele, Verkaufsziele, Projektvorgaben, Gewinnbeteiligungen oder auch individuelle Ziele wie Projekterfüllung, Verkaufszahlen etc. sein – ebenso wie weiche Faktoren etwa hinsichtlich Führungsverhalten, Kommunikation o.Ä. Ziele sollten klar und eindeutig formuliert und ihre Erreichung bestenfalls messbar bzw. eindeutig feststellbar sein.
Zielvereinbarungen betreffen die betriebliche Lohngestaltung und unterliegen damit grundsätzlich der Mitbestimmung des Betriebsrats gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG. Die Entscheidung, ob ein Zielvereinbarungssystem festgelegt werden soll, und welche finanziellen Mittel hierfür zur Verfügung gestellt werden, ist jedoch mitbestimmungsfrei. Hinsichtlich aller struktureller Merkmale eines solchen Systems, also Bewertungsmethoden, Zielgrößen, Verhältnis von festen zu variablen Einkommensbestandteilen, Verhältnis der variablen Einkommensbestandteile untereinander, Zuordnung von Geldbeträgen zu bestimmten Leistungsgraden etc., steht dem Betriebsrat hingegen ein Mitbestimmungsrecht zu. Die Festlegung der konkreten Ziele eines einzelnen Arbeitnehmers kann dagegen als Einzelfallregelung mitbestimmungsfrei sein.
Für den Fall, dass die Zielboni an die individuelle Leistung des Arbeitnehmers geknüpft sind, wird darüber hinaus das Bestehen eines Mitbestimmungsrechts gem. § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG diskutiert. Ein solches Mitbestimmungsrecht würde sich auch auf die Höhe der Zielboni erstrecken. Maßgebliches Abgrenzungskriterium ist dabei stets, ob die Leistung des Einzelnen an einer Vergleichsgröße bemessen wird.
Ob eine mit einem einzelnen Arbeitnehmer abgeschlossene Zielvereinbarung ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG auslöst, ist mit Blick auf das Erfordernis des kollektiven Bezugs umstritten. Allerdings stellt die Rechtsprechung grundsätzlich an das Vorliegen eines kollektiven Bezuges keine hohen Anforderungen. In der Regel reicht, dass die Bemessung der Leistung des Einzelnen einen Vergleich mit der Leistung anderer Mitarbeiter erforderlich macht. Wird ein unmittelbares Verhältnis zwischen individueller (etwa Verkaufs-)Leistung und variabler Vergütung hergestellt (Provision), gelten gem. § 65 HGB die §§ 87 ff. HGB (siehe hierzu Rdn 305).