Dr. Detlef Grimm, Dr. Stefan Freh
Rz. 202
Der Betriebsrat hat mitzubestimmen über die Lage der täglichen Arbeitszeit und der Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage. Nicht erfasst ist die Festlegung der Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit. Vielmehr ist diese in einer Betriebsvereinbarung bei Üblichkeit einer tariflichen Regelung wegen Verstoßes gegen § 77 Abs. 3 BetrVG unwirksam, es sei denn, der Tarifvertrag sieht eine entsprechende Öffnungsklausel für die Festlegung durch die Betriebsparteien vor. Gleichwohl kann eine Abstimmung mit dem Betriebsrat über die Dauer der Arbeitszeit erfolgen – dann aber nur in Form einer Regelungsabrede: Dies kann die Grundlage für eine betriebseinheitliche Regelung schaffen, die dann – bei fehlender Tarifbindung des Arbeitsgebers – einzelvertraglich umzusetzen ist.
Rz. 203
Nur für den Sonderfall der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit räumt § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht über die Dauer der Arbeitszeit ein. Erfasst hiervon sind insbesondere Überstundenanordnung und Kurzarbeit (siehe hierzu unten Rdn 210). Eine solche vorübergehende Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit liegt aber nur dann vor, wenn es sich um eine Abweichung von dem üblicherweise geltenden Zeitvolumen mit Rückkehr zur betriebsüblichen Arbeitszeit handelt. Hieran fehlt es, wenn die Verlängerung durch dauerhafte dienstplanmäßige Verlängerung durch den Arbeitgeber erfolgt und diese Befugnis nicht auf vorübergehend auftretende Einzelfälle oder eine begrenzte Anzahl von Diensten beschränkt ist.
Hinsichtlich der Pausenzeiten steht dem Betriebsrat zwar ein Mitbestimmungsrecht sowohl hinsichtlich der Lage als auch bezüglich deren Dauer zu. Jedoch meint "Pause" im Rahmen des § 87 BetrVG ausschließlich die Ruhepausen, d.h. einen Zeitraum, der nicht zur Arbeitszeit zählt, d.h. in dem der Arbeitnehmer weder bezahlt wird, noch Arbeit leisten, noch sich zur Arbeit bereit halten muss. Muss sich der Arbeitnehmer hingegen bereit halten oder wird er für den fraglichen Zeitraum bezahlt, liegt Arbeitszeit vor, deren Dauer nicht mitbestimmungspflichtig ist. Keine Pausen sind Erholungszeiten beim Akkord und Arbeitsunterbrechungen aufgrund Maschinenstillstands o.Ä.
Rz. 204
Der Mitbestimmung unterliegen Regelungen zur Arbeitsbereitschaft, zum Bereitschaftsdienst und zur Rufbereitschaft:
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Arbeitsbereitschaft liegt vor, wenn der Mitarbeiter in "wacher Achtsamkeit im Zustande der Entspannung" an seinem Arbeitsplatz zur Verfügung steht, seine Tätigkeit auszuüben. |
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Bereitschaftsdienst liegt vor, wenn der Mitarbeiter sich für Zwecke des Betriebs lediglich an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle innerhalb oder außerhalb des Betriebes aufzuhalten hat, um erforderlichenfalls seine volle Arbeitstätigkeit unverzüglich aufnehmen zu können. |
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Bei der Rufbereitschaft kann der Arbeitnehmer seinen Aufenthaltsort frei wählen, wenn er jederzeit erreichbar ist und innerhalb einer bestimmten, vorgegebenen Zeit seine Arbeit aufnehmen kann. |
Arbeitszeitrechtlich sind alle drei Varianten als Arbeitszeit zu werten. Wie diese Arbeitszeit zu vergüten ist, ist damit noch nicht festgelegt, sondern bedarf vielmehr der Vereinbarung. Fehlt eine klare Regelung, ist durch Auslegung zu ermitteln, ob und in welcher Höhe ein Anspruch auf Vergütung besteht. Der Betriebsrat hat bei der Festlegung der verschiedenen Dienste (nicht der Vergütungshöhe) mitzubestimmen. Denn schließlich hat die Ausgestaltung Einfluss auf die Freizeitmöglichkeiten der betroffenen Mitarbeiter und ist damit vom Schutzzweck des § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG gedeckt. Dabei geht es nicht um die Mitbestimmung über das Ob der Einführung, sondern um die Mitbestimmung bei der Ausgestaltung. Mitbestimmungsfrei kann der Arbeitgeber bei im Voraus rechtswirksamer Anordnung von Bereitschaftsdienst entscheiden, ob er den angeordneten Bereitschaftsdienst in Anspruch nimmt oder er im Anschluss an die Regelarbeitszeit Überstunden anordnet.
Rz. 205
Hinweis
Das Mitbestimmungsrecht erfasst alle Arbeitszeitsysteme. Mitbestimmungspflichtig ist die Einführung und Ausgestaltung von Schichtsystemen, die Anordnung von Zusatzschichten sowie die Streichung von Schichten, nicht aber z.B. die Festlegung der Betriebsnutzungszeit (d.h. die Dauer der Produktion). Mitbestimmungspflichtig ist das Aufstellen und Ändern von Dienstplänen, die Einführung und Ausgestaltung von Rufbereitschaft, die Einführung einer Vier-, Fünf- oder Sechs-Tage-Woche, die Einführung von Sonn- und Feiertagsarbeit (im Rahmen der Vorgaben des Arbeitszeitgesetzes), die regelmäßige Arbeitsbefreiung an bestimmten Tagen im Jahr (Karneval, Heiligabend, Silvester), die Änderung eines üblicherweise arbeitsfreien Wochentages, die Einführung und Gestaltung von Vertrauensarbeitszeit, die Einführung und Gestaltung von Gleitzeitmodellen und flexiblen Arbeitszeitregelungen einschlie...