Rz. 322
Das Vollstreckungsgericht prüft in keinem Fall das Bestehen und die Höhe des angeblichen Anspruchs. Den Streit über die Höhe des von dem Drittschuldner berechneten fiktiven Arbeitseinkommens muss der Gläubiger im Prozessweg austragen. Für Klagen des Gläubigers gegen den Drittschuldner aus verschleiertem Arbeitseinkommen sind die Arbeitsgerichte zuständig, wenn der Schuldner als Arbeitnehmer, zumindest als arbeitnehmerähnliche Person, anzusehen ist. Behaupten die Gläubiger zur Begründung einer Drittschuldnerklage, der Schuldner (Arbeitnehmer) sei – zu einer üblichen Stundenvergütung – i.d.R. mehr als vollzeitbeschäftigt (zehn Stunden arbeitstäglich) gewesen, und ergibt sich daraus ein pfändbarer Betrag, kann – bei Bestreiten des Umfangs der behaupteten Arbeitszeit durch den Drittschuldner (Arbeitgeber) – die Erhebung eines angebotenen Zeugenbeweises nicht mit der Begründung abgelehnt werden, es handele sich um einen "unzulässigen Ausforschungsbeweis".
Rz. 323
Die Darlegungs- und Beweislast für die Art und den zeitlichen Umfang der Tätigkeit des Schuldners für den Drittschuldner obliegt grds. dem Gläubiger. Im Prozess um das Vorliegen verschleierten Arbeitseinkommens ist zunächst die übliche Vergütung für die Dienste, die der Schuldner geleistet hat, zu ermitteln. Sodann ist das zwischen Arbeitgeber und Schuldner vereinbarte Arbeitsentgelt mit der ermittelten üblichen Vergütung zu vergleichen und festzustellen, ob der Schuldner gegen eine "unverhältnismäßig geringe" Vergütung arbeitet. Erst wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, kann das Gericht eine "angemessene Vergütung" festsetzen. Etwas anderes gilt jedoch, wenn hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im vorgelegten Dienstvertrag enthaltenen Angaben über den Arbeitsumfang des Schuldners und die dafür vereinbarte Vergütung mit den tatsächlichen Verhältnissen in der überschaubaren Vergangenheit nicht übereinstimmen. Im Drittschuldnerprozess obliegt es allerdings auch nicht dem Gläubiger, die ausreichende Leistungsfähigkeit, sondern dem Drittschuldner, seine auf betriebsinternen Umständen beruhende mangelnde Leistungsfähigkeit zur Zahlung eines angemessenen Gehalts wenigstens zu belegen.
Rz. 324
Die Pfändung verschleierten Arbeitseinkommens wirkt grundsätzlich nicht zurück und erfasst damit nicht bis zur Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses fiktiv aufgelaufene Lohn- oder Gehaltsrückstände, so das BAG. Die Begriffe der unverhältnismäßig geringen Vergütung und der angemessenen Vergütung in § 850h Abs. 2 S. 1 ZPO sind unbestimmte Rechtsbegriffe, bei deren Anwendung dem Landesarbeitsgericht ein Beurteilungsspielraum zukommt. Bei der Berechnung des unpfändbaren Teils der fiktiven Arbeitsvergütung ist nicht stets die vom Schuldner gewählte Steuerklasse zugrunde zu legen, sondern diejenige, die der Schuldner ohne die Pfändung sinnvollerweise gewählt hätte.
Rz. 325
Hinweis
Der Schuldner muss im Verfahren zur Vermögensauskunft genaue Angaben machen; er kann sich nicht mit der typischen Bemerkung begnügen: "Ich arbeite bei meinen Eltern (oder meinem Ehegatten) zur Aushilfe und erhalte 900,00 EUR netto im Monat".
Der Gläubiger sollte immer folgende Angaben verlangen:
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tatsächlich geleistete Arbeit, |
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Zeit und Umfang der Arbeit sowie |
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Wert der Leistung. |
Es stellt sich praktisch die Frage:
Spart der Drittschuldner eine Arbeitskraft ein und was würde diese regelmäßig für die geleistete Tätigkeit erhalten?