Rz. 234
Die Zusammenrechnung erfolgt aufgrund konstitutiven Beschlusses des Vollstreckungsgerichts. Wird die Zusammenrechnung zugleich mit der Pfändung beantragt, wird der Schuldner vor Erlass des Beschlusses nicht gehört (§ 834 ZPO). Erfolgt die Zusammenrechnung erst zeitlich nach der bereits erfolgten Pfändung, ist dem Schuldner rechtliches Gehör zu gewähren.
Rz. 235
Für einen Antrag nach § 850e ZPO ist im eröffneten Insolvenzverfahren das Insolvenzgericht, nicht das Vollstreckungsgericht, zuständig. Im eröffneten Insolvenzverfahren ist nur der Insolvenzverwalter zur Antragstellung befugt.
Rz. 236
Mit der Zusammenrechnung bestimmt das Vollstreckungsgericht, welchem Einkommen der unpfändbare Grundbetrag zu entnehmen ist. Dies wird regelmäßig das Haupteinkommen des Schuldners sein. Der unpfändbare Mehrbetrag gem. § 850c Abs. 2 ZPO kann ebenfalls dem Haupteinkommen zugeordnet werden. Dies kann aber auch dem geringeren Nebeneinkommen entnommen werden, falls dieses das für den Schuldner "sichere" Einkommen darstellt. Sind die Einkommen in etwa gleich hoch, kann der unpfändbare Mehrbetrag auch auf die einzelnen Einkommen verteilt werden (hierzu Bespiele nachfolgend Rdn 241).
Rz. 237
Eine Zusammenrechnung mehrerer Einkommen des Schuldners ist auch dann zulässig, wenn der Gläubiger wegen desselben Anspruchs neben einer bevorrechtigten Pfändung nach § 850d ZPO die Pfändung einer anderen Forderung ohne Vorrecht nach § 850c ZPO erwirkt hat. Nach anderer Auffassung ist eine Zusammenrechnung überhaupt nur bei Pfändung nicht bevorrechtigter Gläubiger zulässig. Hiernach werden die mehreren Einkommen bereits bei der Feststellung des dem Schuldner zu verbleibenden Freibetrags für sich und seine Familienangehörigen berücksichtigt. Hierbei wird jedoch übersehen, dass im Rahmen einer bevorrechtigten Pfändung ein weiteres Einkommen des Schuldners auch erst nachträglich bekannt werden kann. Stellt der Gläubiger nunmehr den Antrag auf Änderung des dem Schuldner zu belassenen Pfändungsfreibetrags wegen des anderweitigen Einkommens, stellt dies letztendlich nichts anderes dar als einen Antrag auf Zusammenrechnung. Aber auch die formlose Berücksichtigung eines weiteren Einkommens bei der Festsetzung des notwendigen Unterhaltsbedarfs für den Schuldner ist im Grunde genommen eine Zusammenrechnung i.S.d. § 850e Nr. 2 ZPO.
Rz. 238
Hinsichtlich der Schwierigkeiten der Feststellung, aus welchem Arbeitseinkommen der unpfändbare Grundfreibetrag im Fall einer bevorrechtigten Pfändung nach § 850d ZPO i.V.m. einer normalen Pfändung nach § 850c ZPO zu entnehmen ist, vgl. mit Berechnungsbeispielen Mertens.
Rz. 239
Im Fall der Zusammenrechnung beschließt das Vollstreckungsgericht regelmäßig, dass sich die Drittschuldner untereinander in Verbindung zu setzen, die Einkünfte gemeinsam zu ermitteln und dann den pfändbaren Betrag dem Gläubiger auszuzahlen haben. Diese Angabe ist dann genügend, wenn das Haupteinkommen des Schuldners den pfändungsfreien Grundbetrag übersteigt, so dass für die Drittschuldner feststeht, welchem Einkommen der unpfändbare Grundbetrag zu entnehmen ist. Der Drittschuldner des Nebeneinkommens kann nunmehr den unpfändbaren Mehrbetrag rechnerisch selbst ermitteln.
Rz. 240
Problematisch sind in der Praxis die Fälle, bei denen das Haupteinkommen des Schuldners unterhalb des unpfändbaren Grundbetrags liegt oder die Einkommenshöhe sehr unterschiedlich bzw. schwankend ist. Aber auch in diesem Fall genügt es, wenn sich die Drittschuldner zur Errechnung des pfändbaren Betrags untereinander in Verbindung setzen. Das Gericht kann keine betragsmäßige Berechnung vornehmen, der Beschluss ergeht abstrakt als Blankettbeschluss.
Rz. 241
Beispiel 1
Der Schuldner ist verheiratet, er hat keine Kinder.
Haupt-Einkommen bei Drittschuldner A: |
1.200,00 EUR |
Neben-Einkommen bei Drittschuldner B: |
700,00 EUR |
Gesamt-Einkommen somit: |
1.900,00 EUR |
Pfändbar laut Tabelle: |
34,61 EUR |
Der unpfändbare Grundbetrag (§ 850c Abs. 1) beträgt (1.330,16 EUR + 500,62 EUR =) 1.830,78 EUR.
Dieser ist dem Haupt-Einkommen bei A zuzurechnen.
Folge: Dieses ist insgesamt unpfändbar.
Der pfändbare Betrag von 34,61 EUR ist daher dem Nebeneinkommen zu entnehmen.
Rz. 242
Beispiel 2
Der Schuldner ist verheiratet, er hat keine Kinder.
Haupt-Einkommen (Halbtagstätigkeit) bei Drittschuldner A: |
2.000,00 EUR |
Neben-Einkommen bei Drittschuldner B: |
300,00 EUR |
Gesamt-Einkommen somit: |
2.300,00 EUR |
Pfändbar laut Tabelle: |
234,61 EUR |
Der unpfändbare Grundbetrag (§ 850c Abs. 1 ZPO) beträgt (1.330,16 EUR + 500,62 EUR =) 1.830,78 EUR.
Dieser ist dem Haupt-Einkommen bei A zuzurechnen.
Folge: Dieses ist insoweit i.H.v. 169,22 EUR pfändbar. Ist auch der unpfändbare Mehrbetrag aus dem Haupt-Einkommen zu entnehmen (der 1.830,78 EUR überschießende Teil bis 2.300 = 469,22 EUR ist gem. § 850c Abs. 2 ZPO i.H.v. 3/10 + 2/10 = 5/10 unpfändbar, somit 234,61 EUR), führt dies zur Unpfändbarkeit des Haupt-Einkommens insgesamt.
Der pfändbare Betrag von 234,61 EUR ist dann dem Ne...