Rz. 212
Vor der Entscheidung über einen Verrechnungsantrag hat das Vollstreckungsgericht den Beteiligten rechtliches Gehör zu gewähren. Der Beschluss, welcher den Beteiligten zuzustellen ist, ergeht mit konstitutiver Wirkung. So lange der Beschluss dem Drittschuldner nicht zugestellt wird, leistet dieser nach dem Inhalt der ihm vorliegenden Pfändungsbeschlüsse, Abtretungen und sonstigen Verfügungen mit befreiender Wirkung gegenüber dem Gläubiger (§ 850e Nr. 4 ZPO).
Rz. 213
Beispiel
Tabellenbereich | § 850c ZPO: |
→ hier gilt das Prioritätsprinzip nach § 804 Abs. 3 ZPO | |
Vorrechtsbereich nach | § 850d ZPO minus Tabellenbereich nach § 850c ZPO: → hier gilt der Rang nach § 850d Abs. 2 ZPO |
Sachverhalt wie obiges Ausgangsbeispiel 1 (Rdn 199). Der Nettoverdienst des Schuldners beträgt 2.700,00 EUR.
Pfändung:
a) | Der Gläubiger G pfändet das Arbeitseinkommen, pfändbar bei 3 Unterhaltsberechtigten | 93,43 EUR |
b) | Das nichteheliche Kind pfändet wegen 350,00 EUR laufenden Unterhalts und 2.100,00 EUR rückständigen Unterhalts |
Pfändungsbeschluss:
Für den Schuldner sind pfandfrei 900,00 EUR, | |
von dem Mehrbetrag (1.800,00 EUR) sind weiter unpfändbar 2/3 | |
pfändbar somit 1/3 des Mehrbetrages für den Unterhaltsberechtigten | 600,00 EUR |
Variante I:
Gläubiger G pfändet zuerst, an ihn somit auszuzahlen | 93,43 EUR |
nichteheliches Kind pfändet zeitlich danach, | |
– nach Kenntnis des weiteren Unterhaltsberechtigten muss der Drittschuldner den pfändbaren Betrag, berechnet nach vier Unterhaltsberechtigten, reduzieren auf | 6,50 EUR |
an das nichteheliche Kind werden somit noch ausbezahlt | 593,50 EUR |
Variante II:
nichteheliches Kind pfändet zuerst, an dieses werden ausbezahlt | 600,00 EUR |
Gläubiger G pfändet zeitlich danach, an ihn kann vorerst nichts ausbezahlt werden | 0,00 EUR |
Bei einem Unterhaltsrückstand von 2.100,00 EUR und einem laufenden Unterhalt von 350,00 EUR wird, wenn jeden Monat 600,00 EUR überwiesen werden, der Rückstand nach 11 Monaten getilgt sein und ab dann wird nur noch der laufende Unterhalt über 350,00 EUR geschuldet.
Aber auch jetzt erhält der nachrangige Gläubiger G keinen pfändbaren Betrag, da der Tabellenbereich nach § 850c ZPO mit 6,50 EUR unter dem laufenden Unterhalt von 350,00 EUR liegt.
Rz. 214
Hinweis
Aus dem Berechnungsbeispiel folgt, dass ein Antrag auf Verrechnung gem. § 850e Nr. 4 ZPO dahingehend zu stellen ist, dass der vorrangige Unterhaltsgläubiger in den Vorrechtsbereich zu verweisen ist.
Der gerichtliche Beschluss muss lauten, das aus dem jeweils pfändbaren Betrag aufgrund der Unterhaltspfändung zunächst der Anspruch des Unterhaltsgläubigers zu zahlen ist und der weitergehende Betrag an den nachrangigen Gläubiger G.
Rz. 215
Berechnung
Aufgrund der Unterhaltspfändung sind pfändbar | 600,00 EUR |
hiervon erhält der Unterhaltsgläubiger nach Tilgung des Rückstandes weiterhin monatlich den laufenden Unterhalt über | 350,00 EUR |
der Differenzbetrag über steht für den nachrangigen Gläubiger offen; | 260,00 EUR |
da aber vier Unterhaltsberechtigte zu berücksichtigen sind, sind nach § 850c ZPO maximal pfändbar: | 6,50 EUR |
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