Rz. 255
Erhält der Schuldner neben seinem in Geld zahlbaren Einkommen auch Naturalleistungen, sind diese stets zusammenzurechnen (§ 850e Nr. 3 ZPO). Ist der Drittschuldner dieser Leistungen identisch, bedarf es keines besonderen Zusammenrechnungsbeschlusses. Die Zusammenrechnung obliegt nicht dem Vollstreckungs- oder dem Insolvenzgericht. Einer gerichtlichen Anordnung bedarf es nicht. Deshalb kann der Schuldner eine niedrigere Bewertung der Naturalleistungen nur im Wege der Klage vor dem Prozessgericht erreichen, wenn der Drittschuldner bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens Geld- und Naturalleistungen zusammengerechnet hat. Werden allerdings die Geld- und Naturalbezüge von verschiedenen Drittschuldnern gewährt, muss das Vollstreckungsgericht die Zusammenrechnung konstitutiv feststellen, § 850e Nr. 2 ZPO entsprechend.
Rz. 256
Hat der Drittschuldner bei der Berechnung des pfändbaren Teils des Arbeitseinkommens Geld- und Naturalleistungen zusammengerechnet, kann der Schuldner eine niedrigere Bewertung der Naturalleistungen nur im Wege der Klage vor dem Prozessgericht erreichen; ein beim Insolvenzgericht oder Vollstreckungsgericht eingereichter Festsetzungsantrag gegen den Treuhänder ist unzulässig. Der BGH führt u.a. aus, dass die Zusammenrechnung des in Geld zahlbaren Einkommens und der Naturalien dem Drittschuldner alleine obliegt, nicht dem Vollstreckungs- oder dem Insolvenzgericht. Einer gerichtlichen Anordnung bedarf es – anders als im Falle der Zusammenrechnung nach § 850e Nr. 2 ZPO – nicht. Damit gibt es nach seiner Ansicht auch keine Grundlage für die vom Schuldner beantragte anderweitige Festsetzung des pfändbaren Betrages.
Rz. 257
Unverständlicherweise lehnt der BGH (IX. Zivilsenat) aber auch den sog. Klarstellungsbeschluss ab. Der Pfändungsbeschluss ergeht als "Blankettbeschluss". Es können hierbei immer wieder Auslegungsfragen, auch inhaltliche, durch die Beteiligten entstehen. Nicht nachvollziehbar ist die generelle Schlussfolgerung, dass, wenn die beantragte "Klarstellung" nicht zu einer verbindlichen Feststellung des pfändbaren Betrages führt, sie also ihren Zweck nicht erfüllen kann, dass Rechtsschutzinteresse für den auf ihren Erlass gerichteten Antrag fehlen soll. Die Praxis zeigt immer wieder, dass ein solcher Klarstellungbeschluss den Beteiligten nicht nur weiterhilft, sondern auch helfen kann, unnötige Rechtsstreitigkeiten zu vermeiden. Hat der Klarstellungsbeschluss letztlich keine "endgültige bindende Wirkung", zeigt er aber immer wieder "streitschlichtende Wirkung", und auch dafür ist ein Rechtschutzinteresse zu bejahen. In Zweifelsfällen können Gläubiger, Schuldner und insbesondere der Drittschuldner das Vollstreckungsgericht um Klärung anrufen. Hiergegen sollte eigentlich nichts einzuwenden sein. Erfreulich daher, dass der VII. Zivilsenat des BGH dies etwas anders sieht. Der Gläubiger kann einen klarstellenden Beschluss des Vollstreckungsgerichts verlangen, dass der Unterhaltsberechtigte bei der Berechnung des pfändbaren Betrags nach § 850c Abs. 1 ZPO nicht zu berücksichtigen ist, wenn der Schuldner an den Unterhaltsberechtigten keinen Unterhalt leistet. Ein möglicherweise fehlendes Rechtsschutzinteresse wird in diesem Beschluss nicht thematisiert. Für den Drittschuldner, der erstmals in den Streit zwischen Gläubiger und Schuldner eingebunden wird und dessen Zahlung zur Erfüllung im Verhältnis zu Gläubiger und Schuldner führt, ist es oftmals mehr als nur eine Klarstellung, es schützt ihn vor einer möglichen Haftung, wenn er sich an den Beschluss hält. Bei Auslegungs-, Ergänzungs- oder Berechnungsfragen ist der Klarstellungsbeschluss ein probates Instrument schnell, kostenlos und effektiv zwischen den Beteiligten zu vermitteln und für Klarheit zu sorgen. Eine aufwändige Klage vor dem Arbeits- oder Zivilgericht hat sich dann oftmals erledigt.
Rz. 258
Für sich genommen sind unpfändbare Naturalleistungen wie die Gewährung der unentgeltlichen Nutzung eines Dienstwagens gem. § 850e Nr. 3 ZPO mit dem in Geld zahlbaren Einkommen zusammenzurechnen. In diesem Fall ist eine Pfändbarkeit insoweit gegeben, als der dem Schuldner nach § 850c ZPO verbleibende Betrag durch den Wert der Naturalleistung gedeckt wird. Der geldwerte Vorteil der Privatnutzung des Dienst-Pkw ist eine Naturalleistung, die dem Einkommen hinzuzurechnen ist. Das der Berechnung der pfändbaren Beträge zugrunde zu legende Einkommen des Schuldners ist die Summe aus den Bruttobezügen und dem geldwerten Vorteil für die Privatnutzung des Pkw als Bruttosumme abzüglich der Steuern und Sozialversicherungsbeiträge, die nach § 850e Nr. 1 ZPO als Abzugsposten zu berücksichtigen sind. Eine seitens des beklagten Drittschuldners überlassene Wohnung ist ebenfalls als vom Schuldner erhaltener Sachbezug zu berücksichtigen.
Rz. 259
Der unpfändbare Grundbetrag ist hierbei in erster Linie den Naturalleistungen zuzurechnen. Der Gläubiger muss daher im Antrag den Wert der Naturalleistungen der Höhe...