Rz. 193

 

Beispiel 1

Der Schuldner hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Ein nichteheliches (weiteres) Kind pfändet wegen rückständigen und laufenden Unterhalts.

Lösung:

Alle Kinder sind gleichrangig, § 1609 Nr. 1 BGB. Alle Kinder haben untereinander gleichen Rang, § 850d Abs. 2 ZPO. Hier bietet sich – wie bisher – eine Quotenregelung an. Die gerichtliche Festsetzung könnte lauten:

Dem Schuldner sind monatlich 1.000,00 EUR pfandfrei zu belassen. Von dem darüber hinausgehenden Betrag ist für den Gläubiger 1/3 pfändbar.

Eine andere Möglichkeit wäre eine Festbetragsregelung mit folgendem Tenor:

Dem Schuldner sind monatlich 1.000,00 EUR pfandfrei zu belassen. Für die beiden Kinder sind jeweils 350,00 EUR zusätzlich pfandfrei.

Die Berechnung selbst hat der Drittschuldner je nach der Höhe des Nettoeinkommens zu ermitteln.

 

Rz. 194

 

Beispiel 2

Der Schuldner ist verheiratet hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Ein nichteheliches (weiteres) Kind pfändet wegen rückständigen und laufenden Unterhalts.

Lösung:

Alle Kinder sind gleichrangig, § 1609 Nr. 1 BGB. Der Ehepartner ist nachrangig, § 1609 Nr. 2 (oder Nr. 3) BGB. Dieser Nachrang ist absolut. Dies hat zur Folge, dass der Ehepartner bei der Berücksichtigung der festzulegenden pfandfreien Beträge nicht zu berücksichtigen ist, sondern nur die Kinder. Den tatsächlichen Unterhaltsbedarf kann das Vollstreckungsgericht mangels Anhörung des Schuldners (§ 834 ZPO) vor Erlass der Pfändung nicht ermitteln. Da alle Kinder untereinander gleichen Rang haben, bietet sich auch hier eine Quotenregelung an. Die gerichtliche Festsetzung könnte lauten:

Dem Schuldner sind monatlich 1.000,00 EUR pfandfrei zu belassen. Von dem darüber hinausgehenden Betrag ist für den Gläubiger 1/3 pfändbar.

Eine andere Möglichkeit wäre auch hier eine Festbetragsregelung mit folgendem Tenor:

Dem Schuldner sind monatlich 1.000,00 EUR pfandfrei zu belassen. Für die beiden Kinder sind jeweils 350,00 EUR zusätzlich pfandfrei.

Andere Methode:

Die Berücksichtigung der Gläubiger und der gleichstehenden Unterhaltsberechtigten hat nach dem Verhältnis der Beträge ihrer laufenden gesetzlichen Unterhaltsansprüche und nicht nach Kopfteilen zu erfolgen. Das den notwendigen Lebensunterhalt des Schuldners übersteigende Nettoeinkommen des Schuldners ist damit für die Bestimmung des pfandfreien Betrags zur gleichmäßigen Befriedigung der den Gläubigern gleichstehenden Unterhaltsansprüche nach der Höhe der gesetzlichen Unterhaltsansprüche der Berechtigten in der gleichen Rangstufe zu quoteln. Bei der Aufteilung nach dem Verhältnis der gesetzlichen Unterhaltsansprüche ist für jedes der gleichberechtigten Kinder der Mindestunterhalt oder der nach den persönlichen Verhältnissen bemessene Unterhalt zu berücksichtigen, wobei das Kindergeld anzurechnen ist.[321]

 

Rz. 195

 

Beispiel 3

Der Schuldner lebt mit einer neuen Partnerin zusammen (nicht verheiratet), er hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder aus der ersten Ehe (Ehe von langer Dauer, § 1609 Nr. 2 BGB). Der geschiedene Ehepartner pfändet wegen rückständigen und laufenden Unterhalts.

Lösung:

Der pfändende geschiedene Ehepartner ist nachrangig zu den Kindern, § 1609 Nr. 2 BGB. Dieser Nachrang ist absolut. Dies hat zur Folge, dass der Ehepartner bei der Berücksichtigung der festzulegenden pfandfreien Beträge nicht zu berücksichtigen ist. Eine Pfändung nach § 850d ZPO ist daher nicht ohne weiteres möglich. Die Pfändung kommt dem Gläubiger nach § 850d ZPO nur insoweit zugute, als hiernach das Nettoeinkommen zu berechnen hat. I.Ü. aber kann er die erweiterte Pfändung nicht in Anspruch nehmen, da er nachrangig ist. Dies hat dann konsequenterweise zur Folge, dass er nur nach § 850c ZPO wie jeder "einfache" und nicht bevorrechtigte Gläubiger berücksichtigt werden kann. Die gerichtliche Festsetzung könnte lauten:

Der der Pfändung zugrunde liegende Nettobetrag des Einkommens des Schuldners errechnet sich nach § 850d ZPO. Zur Ermittlung des pfändbaren Betrags für den Gläubiger ist die Tabelle zu § 850c ZPO unmittelbar anzuwenden.

[321] AG Zeitz v. 19.6.2020 – 5 M 201/19, JurBüro 2020, 554.

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