Rz. 166
Der Regelfall einer die Verjährung hemmenden Maßnahme ist die Erhebung einer Klage (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Einer Klage vor den staatlichen Gerichten ist eine Schiedsklage gleichgestellt (§ 204 Abs. 1 Nr. 11 BGB). Für die Klageerhebung vor einem ordentlichen Gericht in Zivilsachen kommt es auf die Zustellung der Klage an (§§ 261 Abs. 1, 253 Abs. 1 ZPO). Klagen, für welche der Rechtsweg außerhalb der ZPO gegeben ist, sind mit Einreichung bei Gericht erhoben. Die Zustellung spielt dabei keine Rolle. Allerdings ist für Verfahren nach den Regeln der ZPO die Vorwirkung des § 167 ZPO zu beachten. Danach erfolgt eine Verjährungshemmung durch Klageerhebung nicht erst mit der Zustellung der Klage, sondern bereits mit deren Einreichung bzw. Anbringung bei Gericht, falls die Klage demnächst zugestellt wird. Eine Klage ist "demnächst" innerhalb einer nach den Umständen angemessenen, selbst längeren Frist zugestellt, sofern die Partei alles Zumutbare für eine alsbaldige Zustellung getan hat und schutzwürdige Belange der Gegenpartei nicht entgegenstehen; der Partei sind nur Verzögerungen zuzurechnen, die sie bei gewissenhafter Prozessführung hätte vermeiden können, etwa eine verspätete Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses. Die Partei soll bei der Zustellung von Amts wegen vor Nachteilen durch Zustellungsverzögerungen innerhalb des gerichtlichen Geschäftsbetriebs bewahrt werden. Notfalls muss der Rechtsanwalt seinen Mandanten darauf hinweisen, dass ihm im Fall einer verspäteten Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses die Gefahr der Anspruchsverjährung droht. Hierzu reicht ein allgemein gehaltener Hinweis nicht aus. Der Rechtsanwalt muss dem Mandanten klar vor Augen führen, dass die Klage bei Verjährung des Anspruchs abgewiesen werden muss, sodass auch ein Rechtsmittel aussichtslos wäre. Es spricht ein Anscheinsbeweis dafür, dass der Mandant sodann den Gerichtskostenvorschuss rechtzeitig eingezahlt hätte.
Ist für den Prozessbevollmächtigten offenkundig, dass das Gericht die tatsächlich erfolgte Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses nicht beachtet und trotz unbedingt erhobener Klage von einem bloßen PKH-Gesuch ausgeht, hat er das Missverständnis auszuräumen, um die alsbaldige Klagezustellung sicherzustellen.
Rz. 167
Hat der Auftraggeber dem Rechtsanwalt Geld zur Einzahlung der Gerichtsgebühr für das Verfahren im Allgemeinen überlassen, verletzt der Rechtsanwalt seine Pflichten, wenn er das Geld nicht bestimmungsgemäß einzahlt, um durch eine alsbaldige Zustellung der Klage (§ 167 ZPO) die Verjährung des damit geltend gemachten Anspruchs zu hemmen (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB), sondern ohne Einwilligung des Auftraggebers zur Tilgung eigener Gebührenforderungen verwendet. Dies gilt auch dann, wenn der Rechtsanwalt gleichzeitig beauftragt wird, einen Antrag auf Bewilligung von PKH zu stellen.
Rz. 168
Um die Verjährung zu hemmen, kann der Gläubiger insb. eine Leistungs- oder eine Feststellungsklage (§ 256 ZPO) erheben (§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB). Die Verteidigung gegen eine negative Feststellungsklage des Schuldners hemmt demgegenüber die Verjährung von Ansprüchen des Gläubigers weder gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB noch in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift. Voraussetzung einer Verjährungshemmung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB ist, dass eine Klageerhebung wirksam ist, also den Voraussetzungen des § 253 ZPO genügt (zu den Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts bei Klageerhebung siehe Rdn 210 ff.). Die Klage muss ferner von dem Berechtigten erhoben worden sein. Unbeachtlich ist demgegenüber, ob die Klage zulässig oder begründet ist. Die Hemmung tritt selbst dann ein, wenn die Klage vor einem unzuständigen Gericht erhoben wird. Die Hemmungswirkung der Klage setzt nicht voraus, dass alle für einen solchen Anspruch entscheidungserheblichen Tatsachen sogleich schlüssig behauptet und substanziiert vorgetragen werden. Der unzureichende Tatsachenvortrag kann im Laufe des Rechtsstreits nachgeholt werden, und zwar auch dann noch, wenn der Anspruch ohne die Verjährungshemmung der Klage bereits verjährt wäre. Eine Teilklage hemmt die Verjährung nur in der Höhe des eingeklagten Betrages. Dafür ist es unerheblich, wenn die Aufgliederung des Klageantrags auf die einzelnen Forderungen und die Bezifferung dieser Forderungen erst nach Ablauf der Verjährungsfrist während des Rechtsstreits vorgenommen werden. Das gilt auch für eine verdeckte Teilklage.
Rz. 169
Gem. § 204 Abs. 1 Nr. 14 wird die Verjährung gehemmt durch die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf PKH. Wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein. Die Verjährung ist zudem gem. § 206 BGB innerhalb der letzten sechs Monate der Verjährungsfrist gehemmt, wenn eine Partei durch höhere Gewalt an der Rechtsverfolgung gehindert ist. Die Verjährungsfrist ist dann so lange gehemmt, bis die Partei in der ...