Rz. 20
Wenn der Unternehmer einen Mangel trotz angemessener Nachfristsetzung nicht beseitigt, stehen dem Besteller die sekundären Mängelrechte zu. Hierzu gehört das Recht zur Selbstvornahme, § 637 BGB. Selbstvornahme bedeutet, dass der Besteller selbst den Mangel beseitigt oder durch einen Dritten den Mangel beseitigen lässt und vom Unternehmer die Kosten für die Mangelbeseitigung erstattet bekommt.
Rz. 21
Voraussetzung einer berechtigten Selbstvornahme ist also grundsätzlich, dass eine angemessene Frist zur Nacherfüllung erfolglos verstrichen sein muss. Wird dieses formelle Erfordernis nicht beachtet und schreitet der Besteller verfrüht oder ganz ohne Fristsetzung zur Selbstvornahme, so trägt der Besteller, Mangelhaftigkeit hin oder her, die Kosten zur Gänze selbst. In diesem Fall kommen auch keine Ansprüche aus GoA oder ungerechtfertigter Bereicherung in Betracht. Ebenso kann der Besteller ein bereits entstandenes Selbstvornahmerecht und den Kostenvorschussanspruch wieder verlieren, wenn er nach Ablauf einer Nacherfüllungsfrist den Unternehmer erneut zur Nachbesserung auffordert, der Unternehmer daraufhin anbietet, die Nachbesserung vorzunehmen und der Besteller dies dann doch ablehnt.
Rz. 22
Auf die Fristsetzung kann nur in Ausnahmefällen verzichtet werden. Insoweit verweist § 637 Abs. 2 S. 1 BGB auf § 323 Abs. 2 BGB. Hauptanwendungsfall ist die ernsthafte und endgültige Ablehnung der Mängelbeseitigung durch den Unternehmer. Erklärt dieser klipp und klar, dass er den Mangel nicht beseitigen werde, wäre eine Fristsetzung eine bloße unnötige Förmelei. In diesem Fall kann der Besteller sofort zur Selbstvornahme schreiten. Ob eine ernsthafte und endgültige Erfüllungsverweigerung vorliegt, ist auf Grundlage einer umfassenden Würdigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen und vom BGH u.a. in Fällen bejaht worden, in denen der Verjährungseinwand erhoben wird oder auch über einen langen Zeitraum keine Mängelbeseitigung vorgenommen wurde. Für eine endgültige Erfüllungsverweigerung muss das Verhalten des Unternehmers die Annahme rechtfertigen, er werde sich von einer Fristsetzung zur Mangelbeseitigung nicht zur Nacherfüllung bewegen lassen. Dies liegt nicht automatisch in einem bloßen Bestreiten von Mängeln, sondern erfordert weitere hinzutretende Umstände, die über das Bestreiten als prozessuales Recht des Schuldners hinausgehen.
Eine solche Erfüllungsverweigerung kann jedoch vorliegen, wenn sich der nacherfüllungspflichtige Unternehmer im Prozess auf die Unverhältnismäßigkeit der sachverständig begründeten und ermittelten Mängelbeseitigung beruft.
Rz. 23
Eine Fristsetzung ist auch dann nicht erforderlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die bei einer Abwägung der wechselseitigen Interessen eine sofortige Selbstvornahme rechtfertigen.
Rz. 24
Bei einem Verzicht auf die Fristsetzung in einer der vorgenannten Fallgruppen ist in der Beratungspraxis höchste Vorsicht geboten. Es handelt sich immer um Abwägungsentscheidungen im Einzelfall, zudem um eine Ausnahme vom allgemeinen Grundsatz, dass eine Fristsetzung erforderlich ist. Im Zweifel sollte dem Mandanten zur Vermeidung eines Haftpflichtfalles zu einer Fristsetzung geraten werden.
Rz. 25
Ausgeschlossen ist ein Anspruch auf Selbstvornahme, wenn der Unternehmer die Mangelbeseitigung zu Recht verweigert (siehe Rdn 15 ff.).
Rz. 26
Liegen die Voraussetzungen für eine Selbstvornahme vor, hat der Besteller die "erforderlichen Aufwendungen" zu erstatten. Hierzu gehört zunächst das, was der Besteller an Dritte bezahlt hat, die die Mängelbeseitigung durchgeführt haben, einschließlich der Kosten, die zur Auffindung der Schadensursache nötig sind. Für die Beurteilung des Bestellers, welche Maßnahmen hinsichtlich der Mängelbeseitigung erforderlich sind, kommt es auf eine verständige Würdigung eines vernünftigen, wirtschaftlich denkenden Bauherrn im Zeitpunkt der Mangelbeseitigung aufgrund sachkundiger Beratung an. Zudem muss es sich im Ganzen um vertretbare Maßnahmen der Schadens- oder Mängelbeseitigung handeln.
Beseitigt der Besteller den Mangel selbst oder lässt er ihn durch eigene Angestellte beseitigen, so steht ihm auch hierfür eine im Rahmen des § 637 BGB zu ersetzende angemessene Vergütung zu. Interne Kosten für die Schadensabwicklung (also nicht Mängelbeseitigung im engeren Sinne) sind regelmäßig aber nicht erstattungsfähig.
Rz. 27
Zumindest, wenn der Besteller nach sachverständiger Beratung bestimmte Leistungen im Rahmen der Selbstvornahme in Auftrag gibt, bei denen sich später herausstellt, dass diese zu aufwendig und/oder teuer waren, sind auch die erhöhten Kosten durch den Unternehmer zu erstatten, der das Prognoserisiko trägt.
Soweit der Anwalt in diesem Stadium bereits eingebunden ist, sollte der Mandant darauf hingewiesen werden, dass eine sachverständige Begleitung/Vorbereitung von Selbstvornahmemaßnahmen die Durchsetzung der Kosten ggf. erheblich vereinfachen kann. Der Besteller muss im Rahmen der Selbstvornahme zwar p...