Rz. 432
Das Berufungsurteil hielt einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Den Beklagten kam kein Haftungsprivileg zugute.
Rz. 433
Das Berufungsgericht hatte allerdings zu Recht angenommen, dass die Haftung des Beklagten zu 1 nicht gemäß § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII ausgeschlossen war. Nach dieser Bestimmung sind Personen, die durch eine betriebliche Tätigkeit einen Versicherungsfall von Versicherten desselben Betriebs verursachen, von der Haftung für Personenschäden freigestellt, wenn sie den Unfall weder vorsätzlich noch auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 bis 4 SGB VII versicherten Weg herbeigeführt haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht erfüllt. Der Beklagte zu 1 hatte im Unfallzeitpunkt keine betriebliche Tätigkeit für den Betrieb erbracht, in dem der Kläger versichert war und dem der Versicherungsfall zuzurechnen war.
Rz. 434
Der Kläger hatte den Unfall als Versicherter aufgrund seines Beschäftigungsverhältnisses zur B. AG in deren Werk in D. erlitten (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII). Dies stand mit Bindungswirkung nach § 108 Abs. 1 SGB VII aufgrund des Bescheids vom 23.9.2010 fest, mit dem die für die B. AG zuständige Berufsgenossenschaft Holz und Metall den Unfall des Klägers als Arbeitsunfall anerkannt hatte.
Rz. 435
Gemäß § 108 Abs. 1 SGB VII ist der Zivilrichter an unanfechtbare Entscheidungen der Unfallversicherungsträger und der Sozialgerichte hinsichtlich der Frage gebunden, ob ein Arbeitsunfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist. Die Bindungswirkung erstreckt sich auch auf die Entscheidung darüber, ob der Verletzte den Unfall als Versicherter aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses i.S.d. § 2 Abs. 1 Nr. 1 oder Abs. 2 S. 1 SGB VII erlitten hat und welchem Betrieb der Unfall zuzurechnen ist (vgl. Senatsurt. v. 22.4.2008 – VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn 9, 13; v. 19.5.2009 – VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn 17, 21).
Rz. 436
Zwar war dem Berufungsurteil nicht zweifelsfrei zu entnehmen, ob der Bescheid v. 23.9.2010 auch den Beklagten zu 1 und 2 gegenüber bestandskräftig geworden war. Das Berufungsgericht hatte insbesondere keine Feststellungen zu der Frage getroffen, ob die Beklagten zu 1 und 2 gemäß § 12 Abs. 2 SGB X in der gebotenen Weise an dem Verfahren beteiligt worden waren (vgl. zur grundsätzlichen Notwendigkeit tatsächlicher Feststellungen zu dieser Frage: Senatsurt. v. 22.4.2008 – VI ZR 202/07, VersR 2008, 820 Rn 9; v. 19.5.2009 – VI ZR 56/08, BGHZ 181, 160 Rn 22 ff.). Dies war jedoch ausnahmsweise unschädlich, da die im Fall einer unterlassenen Beteiligung des Schädigers an sich gebotene Aussetzung des Verfahrens gemäß § 108 Abs. 2 SGB X im Streitfall eine bloße Förmelei gewesen wäre und deshalb ausnahmsweise entbehrlich war.
Rz. 437
Der Bescheid der Berufsgenossenschaft Holz und Metall vom 23.9.2010 war den Beklagten insofern günstig, als durch die Anerkennung des Unfalls als Versicherungsfall eine wesentliche Voraussetzung für die von ihnen geltend gemachte Haftungsprivilegierung geschaffen worden war. Ihre Rechtsstellung, deren Wahrung das Beteiligungserfordernis des § 12 Abs. 2 SGB X dient, konnte nur dadurch nachteilig betroffen sein, dass der Unfall als Versicherungsfall für die B. AG anerkannt wurde und deshalb nicht mehr der Beklagten zu 2 zugeordnet werden konnte (vgl. Senatsurt. v. 22.4.2008 – VI ZR 202/07, a.a.O., Rn 10; v. 19.5.2009 – VI ZR 56/08, a.a.O. Rn 23). Eine fehlerhafte Zuordnung des Versicherungsfalls zum Unternehmen des Klägers – etwa weil der Kläger nicht für die B. AG, sondern als sog. "Wie-Beschäftigter" nach § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII für die Beklagte zu 2 tätig gewesen sei, – machten die Beklagten aber gar nicht geltend. Hierfür bestanden auch nicht die geringsten Anhaltspunkte. Die Beklagten hatten sich im Gegenteil während des gesamten Verfahrens auf den Bescheid der für die B. AG zuständigen Berufsgenossenschaft Holz und Metall vom 23.9.2010 sowie darauf berufen, dass der Beklagte zu 1 zum Unfallzeitpunkt in den Betrieb der B. AG wie ein Beschäftigter i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII eingegliedert gewesen sei. Bei dieser Sachlage erforderten es die Interessen der Beklagten ausnahmsweise nicht, wegen ihrer Nichtbeteiligung am Feststellungsverfahren der Berufsgenossenschaft den Rechtsstreit gemäß § 108 Abs. 2 S. 1 SGB VII auszusetzen und ihnen Gelegenheit zu geben, auf eine Wiederholung des Verwaltungsverfahrens hinzuwirken. Dies wäre vielmehr eine bloße Förmelei gewesen.
Rz. 438
Der Beklagte zu 1 hatte im Unfallzeitpunkt keine betriebliche Tätigkeit für die B. AG erbracht. Entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung war er für sie insbesondere nicht wie ein Beschäftigter i.S.d. § 2 Abs. 2 S. 1 SGB VII tätig. Vielmehr hat er die Aufgaben seines Stammunternehmens, der Beklagten zu 2, wahrgenommen.
Rz. 439
Entscheidend für das Vorliegen einer betrieblichen Tätigkeit und das Eingreifen des Haftungsausschlusses i.S.d. § 105 Abs. 1 S. 1 SGB VII ist die Verursachung des Schadensereignisses...