Rz. 511
Das Urteil hielt der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Die Revision wandte sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht die Anspruchsvoraussetzungen nach §§ 836 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB bejaht hatte. Dies war rechtlich auch nicht zu beanstanden.
Rz. 512
Jedoch hatte das Berufungsgericht bei der Prüfung, ob die Beklagte gemäß § 104 Abs. 1 S. 1 SGB VII von dieser Haftung befreit ist, den Umfang der Bindungswirkung des § 108 Abs. 1 SGB VII verkannt. Zwar ging das Berufungsgericht im Ansatz zutreffend davon aus, dass die Zivilgerichte grundsätzlich von Amts wegen die Bindungswirkung des § 108 SGB VII zu beachten haben, weil diese ihrer eigenen Sachprüfung – auch der des Revisionsgerichts – Grenzen setzt. Jedoch hat es fälschlicherweise angenommen, dass es auf die Bindung an die versicherungsrechtliche Zuordnung des Schadensfalls unter Hinweis auf § 2 Abs. 1 Nr. 15c SGB VII an die BGFE im zivilrechtlichen Haftungsprozess nicht ankomme, weil der Zivilrichter unter einem anderen rechtlichen Gesichtspunkt einen Unfall als versicherten Arbeitsunfall einem weiteren Unternehmer zurechnen dürfe.
Rz. 513
Diese Sichtweise des Berufungsgerichts beruhte auf der früheren, inzwischen aufgegebenen Rechtsprechung des Senats, wonach die Zivilgerichte durch § 108 SGB VII nicht grundsätzlich gehindert waren, einen Arbeitsunfall einem weiteren Unternehmer zuzurechnen mit der Folge, dass auch diesem Unternehmer eine Haftungsprivilegierung zugutekommen konnte. Insofern vertritt der erkennende Senat im Hinblick auf die geänderte Rechtslage diese Rechtsauffassung nicht mehr (Senatsurt. v. 22.4.2008 – VI ZR 202/07, VersR 2008, 820, 821 m.w.N.). Die Zivilgerichte sind nunmehr durch § 108 SGB VII hinsichtlich der Frage, ob ein Versicherungsfall vorliegt, in welchem Umfang Leistungen zu erbringen sind und ob der Unfallversicherungsträger zuständig ist, an unanfechtbare Entscheidungen der Sozialbehörden und Sozialgerichte gebunden. Das gilt unabhängig davon, ob sie diese Entscheidungen für richtig halten (Senat, Urt. v. 22.4.2008 – VI ZR 202/07 – a.a.O. m.w.N.).
Rz. 514
Für die Frage, ob Unfälle unter den sozialrechtlichen Versicherungsschutz nach den §§ 2, 3, 6 SGB VII fallen, ist in der Regel maßgebend, dass zwischen der Verrichtung und der versicherten Tätigkeit im Zeitpunkt des Unfalls ein sachlicher Zusammenhang besteht (vgl. BT-Drucks 13/2204, S. 77), während ein rein örtlicher oder zeitlicher Zusammenhang nicht genügt. Der sachliche Zusammenhang zwischen der versicherten Tätigkeit und der den Unfall verursachenden Verrichtung ist wertend zu ermitteln. Maßgebliches Kriterium hierfür ist die Handlungstendenz des Versicherten (BSG, NZS 2006, 100 f., 154, 155 jeweils m.w.N.). Ergibt die wertende Betrachtung, dass die Verrichtung mit mehreren versicherten Tätigkeiten in einem inneren Zusammenhang steht und somit die Merkmale mehrerer Versicherungsschutztatbestände erfüllt sind, führt dies allerdings nicht zu einem mehrfachen Versicherungsschutz und zur Zuständigkeit mehrerer Unfallversicherungsträger. Das verhindern seit der Regelung der Unfallversicherung im Sozialgesetzbuch VII die Konkurrenzregelungen für die "Versicherung nach mehreren Vorschriften" in § 135 SGB VII. Nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift soll es auch dann, wenn der Arbeitsunfall von zwei verschiedenen Unfallversicherungsträgern anzuerkennen und zu entschädigen wäre, keine Doppelzuständigkeiten geben. Dem entspricht der zwingende Charakter der Zuständigkeitsregeln im Sozialgesetzbuch VII, mit denen verwaltungspraktischen Bedürfnissen sowohl auf Seiten der Unfallversicherungsträger als auch des Verletzten Rechnung getragen wird, für den damit der Ansprechpartner für seinen Versicherungsfall feststeht (BSG, NZS 2007, 38, 39). § 135 SGB VII hat mit seiner umfassenden Regelung der Konkurrenzen beim Zusammentreffen mehrerer Versicherungstatbestände in dieser Form kein Vorbild in der Reichsversicherungsordnung, sondern ist im Zuge der Einordnung des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung in das Sozialgesetzbuch VII neu geschaffen worden (vgl. BSG, NJW 2009, 937, 939). Zuvor hatte das Bundessozialgericht unter Geltung der Reichsversicherungsordnung die damals bestehende Regelungslücke ausgefüllt, indem es, wenn mehrere Versicherungstatbestände in Frage kamen, die Zuständigkeit des Unfallversicherungsträgers nach dem Schwerpunkt der Tätigkeit unter Berücksichtigung der Handlungstendenz des Verletzten bestimmte (BSGE 5, 168, 174 f.). Aufgrund der Regelung in § 135 SGB VII besteht hierfür inzwischen kein Bedarf mehr (BSG NJW 2009, 937, 939). Einzig in § 135 Abs. 6 SGB VII wird auf das Schwerpunktkriterium noch abgestellt (vgl. BSG, NZS 2007, 38, 39).
Rz. 515
Für die bisherige Rechtslage war Folgendes kennzeichnend:
Das Reichsgericht hatte für die zivilrechtliche Haftung die Auffassung vertreten, dass eine bindende Bestimmung des Unternehmers im sozialrechtlichen Verfahren, dem der geschädigte Beschäftigte versicherungsrechtlich zuzuordnen sei, für die Zivilgerichte die ...