Rz. 31

Die Funktion des Erbrechtes könnte sich geändert haben, weil die Kinder nicht mehr in der "Aufbauphase" erben und das Vermögen daher weniger benötigen. Lebzeitige Transfers nehmen an Bedeutung zu.[56] Dies könnte für ein weitergehendes (Allein-)Erbrecht des Ehegatten sprechen. Allerdings ist dessen Versorgung durch Renten bzw. Pensionen sowie Lebensversicherungen ebenso besser gesichert, als dies früher der Fall war.[57] Ob also der Nachlass in Bezug auf den Kreis der Berechtigten und die Quoten anders verteilt werden sollte, ist fraglich.

 

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Hiermit im Zusammenhang steht ein Problem, welches bei Erbengemeinschaft sehr präsent ist: Oft bildet die von den Ehegatten selbst genutzte Immobilie einen wesentlichen Teil des Nachlasses. In der Erbengemeinschaft mit den Kindern besteht für den überlebenden Ehegatten die Gefahr der Veräußerung der Immobilie in der Teilungsversteigerung.[58] Laut Nave-Herz wird mit gemeinschaftlichen "Berliner Testamenten" versucht, den Ehegatten zu schützen und die Kinder auf spätere Zeiten zu verweisen.[59] Daraus folgen dann allerdings meist Probleme bei der Erfüllung des Pflichtteilsanspruches, für den nicht genügend liquide Mittel zur Verfügung stehen.

Einen interessanten Vorschlag formuliert Bauer, der die "Erweiterung des gesetzlichen Vorausvermächtnisses um ein Vindikationslegat mit dem Inhalt eines gesetzlichen Wohnrechts an der ehelichen Wohnung" vorschlägt.[60] Ein Vorschlag Vollmers ist es, den überlebenden Ehegatten als gesetzlichen Vorerben bei gewissen Modifikationen zu berufen.[61] Willutzkis zeigt freilich, dass auch andere Lösungen, wie die generelle Erhöhung der gesetzlichen Erbquote, möglich sind und in der Reformdiskussion der letzten Jahre sehr präsent waren.[62]

[56] Vgl. Nave-Herz, ErbR 2009, 202, 205 f.
[57] Bauer, S. 231.
[58] Vgl. § 180 ZVG.
[59] Nave-Herz, ErbR 2009, 202, 207.
[60] Bauer, S. 232, 213 ff.
[61] Vollmer, S. 265 f.
[62] Willutzki, Quo vadis, Erbrecht?, S. 63 ff., insbes. 68 m.w.N.

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