Rz. 91
a) Der Fall
Rz. 92
Der Kläger verlangte von dem beklagten Haftpflichtversicherer restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom 24.8.2011, bei dem sein Kraftfahrzeug beschädigt wurde. Die Haftung der Beklagten ist dem Grunde nach außer Streit. Der Kläger hat die Reparaturkosten für das unfallbeschädigte Fahrzeug fiktiv auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens geltend gemacht, welches Nettoreparaturkosten in Höhe von 600,69 EUR ausweist, von denen 155,80 EUR auf den Arbeitslohn entfallen. Die Beklagte hat den fiktiven Arbeitslohn vorgerichtlich unter Abzug von 10 % wegen nicht angefallener Sozialabgaben und Lohnnebenkosten erstattet. Das Amtsgericht hat dem Kläger den mit der Klage geltend gemachten Differenzbetrag von 15,58 EUR nebst Zinsen hieraus zuerkannt. Die zugelassene Berufung der Beklagten hat das Landgericht zurückgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
b) Die rechtliche Beurteilung
Rz. 93
Das Berufungsurteil hielt revisionsrechtlicher Nachprüfung stand. Entgegen der Auffassung der Revision sind Sozialabgaben und Lohnnebenkosten Bestandteile des im Rahmen einer "fiktiven" Schadensabrechnung im Sinne des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB nach einem Verkehrsunfall zu erstattenden Schadens.
Rz. 94
Nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Gläubiger, wenn wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten ist, statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats darf der Geschädigte dabei seiner (fiktiven) Schadensberechnung grundsätzlich die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legen, die ein von ihm eingeschalteter Sachverständiger auf dem allgemeinen regionalen Markt ermittelt hat.
Rz. 95
Die Berücksichtigung fiktiver Sozialabgaben und Lohnnebenkosten bei der Berechnung der erstattungsfähigen Reparaturkosten widerspricht weder dem Wirtschaftlichkeitsgebot noch dem Bereicherungsverbot. Denn das Vermögen des durch einen Verkehrsunfall Geschädigten ist um denjenigen Betrag gemindert, der aufgewendet werden muss, um die beschädigte Sache fachgerecht zu reparieren. Zu den erforderlichen Wiederherstellungskosten gehören, wie sich aus dem von der Revision selbst in Bezug genommenen Senatsurteil vom 19.6.1973 – VI ZR 46/72 (BGHZ 61, 56, 58 f.) ergibt, grundsätzlich auch allgemeine Kostenfaktoren wie Umsatzsteuer, Sozialabgaben und Lohnnebenkosten. Deshalb hat der Senat in der vorgenannten Entscheidung vor dem Inkrafttreten des Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetzes bei einer "fiktiven" Schadensabrechnung die Mehrwertsteuer beim nicht vorsteuerabzugsberechtigten Geschädigten als echten Schadensposten anerkannt und ausgeführt, der steuertechnisch bedingte getrennte Ausweis der Mehrwertsteuer ändere nichts daran, dass sie als objekt- bzw. leistungsbezogene allgemeine Abgabe auf den Verbrauch nicht weniger ein allgemeiner Kostenfaktor sei als andere öffentliche Abgaben, welche direkt oder indirekt in die Kosten und damit in den Preis einer Ware oder Leistung Eingang gefunden haben.
Rz. 96
Soweit der Gesetzgeber nunmehr durch das Zweite Schadensrechtsänderungsgesetz in § 249 Abs. 2 S. 2 BGB die Erstattung nicht angefallener Umsatzsteuer bei fiktiver Schadensabrechnung ausdrücklich vom Schadensersatzanspruch ausgenommen hat, hat er hiermit lediglich einen – systemwidrigen – Ausnahmetatbestand geschaffen, der nicht analogiefähig ist.
Rz. 97
Die Revision wies selbst darauf hin, dass sich aus den Gesetzesmaterialien (vgl. insbesondere BT-Drucks 14/7752, S. 13) ergibt, dass der Entwurf eines Zweiten Schadensrechtsänderungsgesetzes aus der 13. Legislaturperiode zunächst vorsah, bei einer fiktiven Abrechnung von Sachschäden die öffentlichen Abgaben außer Ansatz zu lassen. Dieser Vorschlag ist indes auf vielfältige Kritik gestoßen. Dieser Kritik hat der Gesetzgeber im Rahmen des weiteren Gesetzgebungsverfahrens Rechnung getragen und auf einen Abzug sämtlicher öffentlicher Abgaben bewusst verzichtet und sich auf die Umsatzsteuer als größten Faktor unter den "durchlaufenden Posten" beschränkt. Fehlt es mithin an einer Regelungslücke, kommt eine entsprechende Anwendung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB auf andere "öffentliche Abgaben" nicht in Betracht.
Rz. 98
Soweit es nach den Gesetzesmaterialien der Rechtsprechung überlassen werden sollte, das Sachschadensrecht "zu konkretisieren und zu entwickeln", vermag dies dem Senat nicht den Weg zu einer Abweichung vom geltenden Recht und zu einer von der Revision erwünschten, aber vom Gesetzgeber nicht vorgesehenen Gleichstellung von Umsatzsteuer und anderen "öffentlichen Abgaben" zu eröffnen.
Rz. 99
Entgegen der Auffassung der Revision führt eine Erstattung des zur Her...