Karl-Hermann Zoll, Dr. iur. Frank Fad
Rz. 73
Der Besitz ist zwar in § 854 BGB lediglich als rein tatsächliches Gewaltverhältnis definiert, wird aber nach h.M. wegen seiner Schutzrechte gemäß den §§ 861 ff. BGB jedenfalls in der Form des berechtigten Besitzes als "sonstiges Recht" geschützt. Der Besitzer ist davor geschützt, an der bestimmungsgemäßen Nutzung der Sache durch Dritte gehindert zu werden. Zu ersetzen ist deshalb in jedem Falle der sog. Nutzungsschaden. Dabei geht es – anders als bei Eigentumsverletzungen – nicht um die aus der Rechtsposition des Eigentümers folgende "bestimmungsgemäße Verwendung" einer Sache (§ 903 BGB), sondern um eine aus der tatsächlichen Sachherrschaft abgeleitete Nutzungsbefugnis. Diese ist ihrerseits häufig das Äquivalent für eine Leistungsverpflichtung des Besitzers gegenüber dem Eigentümer, z.B. im Verhältnis Mieter/Vermieter oder Leasingnehmer/Leasinggeber.
Rz. 74
Als originär eigener Schaden des Leasingnehmers kommen der Nutzungsschaden und der Haftungsschaden ("Passivschaden") in Betracht. Entsprechendes wird zu gelten haben bei Nutzungsbeeinträchtigungen gegenüber dem Besitzer eines finanzierten – und deshalb an die Bank sicherungsübereigneten – Fahrzeugs. Soweit in diesen Fällen eine Überschneidung zwischen dem Substanzschaden des Eigentümers und dem Nutzungsschaden des Besitzers denkbar ist, wird es regelmäßig der vertraglich zugrunde liegenden Sicherungsabrede bzw. den Leasingbedingungen entsprechen, dass der Besitzer ("vorrangig") seinen eigenen Nutzungsschaden geltend machen kann und – im Verhältnis zu seinem Gläubiger – auch muss.
Rz. 75
Daneben erstrecken sich die Ansprüche des Besitzers gerade in den zuletzt genannten Fällen auch auf das sog. Haftungsinteresse, das ihm daraus entstehen kann, dass er durch die Verletzung seines Besitzes einem Dritten weitergehend ersatzpflichtig wird. Hier billigt die Rechtsprechung dem Mieter oder Leasingnehmer einen Schadensersatzanspruch gegen den Dritten aus Besitzverletzung zu.
Rz. 76
Im Fall des geschädigten Leasingnehmers erstreckt sich der Haftungsschaden (neben dem eigentlichen Nutzungsschaden) dabei auf etwaige Mehraufwendungen bei vorzeitiger Fälligstellung der Leasingraten und des Restwertes. Schließlich ist dem Haftungsinteresse gleichgestellt das Erfüllungsinteresse des Werkunternehmers, das sich daraus ergibt, dass er gegenüber dem Auftraggeber (Eigentümer eines – mit Grund und Boden gemäß den §§ 94, 946 BGB fest verbundenen – Werkes) bei Beschädigung des unvollendeten Werkes vor Abnahme zur Neuherstellung gemäß §§ 631, 644 BGB verpflichtet bleibt.
Rz. 77
Geschützt ist auch der (berechtigte) Mitbesitz, und zwar auch im Verhältnis von Mitbesitzern untereinander.
Rz. 78
Der mittelbare Besitzer genießt diesen Schutz zwar auch gegenüber Dritten, nicht aber gegenüber dem unmittelbaren Besitzer. Denn ihm gegenüber ist er nicht gemäß den §§ 861 ff. BGB geschützt, wie sich aus § 869 BGB ergibt.
Rz. 79
Die Frage, ob nur der berechtigte Besitzer im Falle verbotener Besitzentziehung oder Besitzbeeinträchtigung Anspruch auf Ersatz daraus entstandenen Schadens hat oder ob in solchen Fällen auch der nicht berechtigte Besitzer einen Ausgleich verlangen kann, ist umstritten. Der BGH tendiert dazu, Ansprüche des unrechtmäßigen Besitzers, die dessen unrechtmäßige Position legitimieren könnten, zu verneinen.